TSG 1899 Hoffenheim – Hertha BSC: Die Kür nach dem Krakftakt

TSG 1899 Hoffenheim – Hertha BSC: Die Kür nach dem Krakftakt

Was vor der Saison für große Ernüchterung gesorgt hätte, ist heute Grund für riesige Erleichterung und Freude: Für Hertha geht es nach dem Klassenerhalt am vergangenen Spieltag in der letzten Partie um rein gar nichts mehr. Gerade, wenn man Freundinnen und Freunde hat, deren Vereine sich gerade noch mittendrin im Abstiegskampf tummeln und um das sportliche Überleben zittern, merkt man, wie brustlösend dieser Satz doch ist. Dank eines sagenhaften Post-Quarantäne-Schlussspurts hat es die Mannschaft vollbracht, in 13 Tagen aus fünf Spielen starke neun Punkte zu sammeln. Das erfreulich ereignisarme 0:0 gegen Köln hat dann schlussendlich aufgrund der Resultate auf den anderen Plätzen den Deckel auf eine verrückte Saison gemacht. Während Hertha nun sogar bei einem Sieg noch bis auf Platz 12 emporklettern könnte, ist bei Hoffenheim, dem kommenden Gegner, der elfte Platz bereits zementiert. Perfekte Bedingungen also für einen lauen Frühlingskick im Kraichgau.

Mehr als nur Ergebniskorrektur

Neben Cunha und Cordoba fehlen sechs weitere Stammkräfte (Matthias Koch, imago images via Getty Images)

Wie wichtig es war, schon vor Samstag den Ligaverbleib zu zementieren, zeigt ein Blick auf die Verletztenliste. Mit Luca Netz, Matteo Guendouzi, Jhon Cordoba, Rune Jarstein, Krzystof Piatek, Maximilian Mittelstädt und Matheus Cunha fehlen sieben potenzielle Stammspieler. Dazu kommt als Nummer Acht noch Jordan Torunarigha mit einer Gelbsperre.

Wer jetzt aber glaubt, Hertha würde dieses Spiel ohne Ambitionen angehen, sieht sich getäuscht, zumindest, wenn es nach Pal Dardai geht. Die kühle BWL-Sicht, die auch der Trainer in der Pressekonferenz dargelegt hat, ist zunächst einmal klar. Je weiter oben Hertha die Saison abschließt, desto mehr Einnahmen durch TV-Gelder gehen damit einher. Doch auch für die nächste Saison kann ein Punktgewinn einen Motivationsschub bedeuten. Neun ungeschlagene Spiele hatte Hertha letztmalig vor 16 Jahren, als Dardai selbst noch die Schuhe an der Seite von Marcelinho und Co. schnürte. Sich nach diesem Spielemarathon in den letzten Wochen nun auch noch mit einen Remis oder Sieg, statt der obligatorischen Klatsche am letzten Spieltag, in die Sommerpause zu verabschieden, wäre die Kirsche auf der Torte.

Ein würdiger Abschied für Herthas Weltmeister

Sein Abschiedsspiel wird Sami Khedira von Beginn an bestreiten. (imago images via Getty Images)

Und dann ist da natürlich noch die romantische Perspektive, die dieses Spiel hat. Sami Khedira, ein ganz Großer dieses Sports, verlässt am Samstagnachmittag die Fußballbühne und wird sein letztes Spiel bestreiten. Dass dies nicht in einem ausverkauften Stadion vor Fans stattfinden darf, macht den Abschied umso wehmütiger. Gerade deswegen ist die Mannschaft in der Verantwortung, dafür zu sorgen, ihm einen gebührenden Schlussakkord zu bereiten. Schließlich hat Khedira, wie Dardai und Friedrich immer wieder betonen, trotz seiner wenigen Spiele, gerade durch seine Erfahrung und Führungsqualität einen großen Anteil am Klassenerhalt. Ein Sieg in seinem letzten Spiel wäre eine schöne Art und Weise, ihm für seinen unermüdlichen Einsatz in dieser schwierigen Phase des Vereins zu danken. Dass Khedira dabei in der Startelf stehen wird, stand laut Pal Dardai auch schon vor der Verkündung seines Karriereendes fest.

Schaulaufen für nächstes Jahr?

Aber auch aus rein egoistischen Gründen ist es für die Spieler wichtig, sich noch einmal von der besten Seite zu zeigen. Die Anzeichen verdichten sich, dass Pal Dardai auch in der kommenden Saison Cheftrainer von Hertha BSC sein wird. Dementsprechend gewichtig wird sein Wort sein, wenn es um die Kaderplanung für die nächste Spielzeit geht. Wie der Ungar selbst sagte, wird er die nächsten Wochen vor dem Urlaub auch dafür nutzen, gemeinsam mit Arne Friedrich zu besprechen, welche Spieler sich als lernfähig erwiesen haben. Das Spiel gegen Hoffenheim ist also die letzte Möglichkeit, den Trainer nochmal von sich zu überzeugen und die Saison mit einem positiven Gefühl zu beschließen. Vielleicht wird der laue Frühlingskick also doch etwas hitziger.

*Titelbild: imago images via Getty Images

Nach der Punkteteilung ist vor dem Pflichtsieg

Nach der Punkteteilung ist vor dem Pflichtsieg

Die zurückliegende Woche hat mal wieder eindrucksvoll bewiesen, wie sprunghaft die Einschätzungen von Fußballfans doch sind. Am anschaulichsten zeigte sich dies am Beispiel von Hertha-Leihgabe Nemanja Radonjic. Führten seine permanenten Ballverluste und Fehlpässe nach seiner Einwechslung in Mainz noch zur Gefährdung des Zustands so manchen Couchtisches, war er gegen Freiburg mit einem Tor und einer Vorlage plötzlich der Aktivposten in Herthas Offensivspiel. Um den Dreiklang perfekt zu machen, folgte dann gegen Bielefeld wieder eine Leistung, die bestenfalls als bemüht bezeichnet werden kann. Warum nun ausgerechnet Radonjic als Symbol für das Wechselbad der Gefühle herhält? Weil sich Herthas Leistung exakt analog zur Leistung des Serben verhielt. Wer glaubte, dass Hertha nach dem 3:0 gegen Freiburg erstmals in dieser Saison nach einem Sieg einen weiteren Dreier einfahren könnte, sah sich zum wiederholten Male eines Besseren belehrt.

Dardais Dauerrotation führte zu fünf Punkten aus drei Spielen (imago images via Getty images)

Dardais Rückrotation

Herthas Aufstellung richtig zu tippen, ist dieser Tage in etwa so erfolgsversprechend wie die Suche nach dem Bernsteinzimmer. Nach der Totalrotation gegen Freiburg, tauschte Dardai am Sonntag erneut munter durch. Lediglich Schwolow, Ascacibar und Piatek blieben aus der Anfangself gegen die Breisgauer erhalten. In der Formation setzte Dardai wieder auf das seit seiner Rückkehr favorisierte
3-5-2. Im Gegensatz zur Mainz-Partie, als noch Cunha neben Cordoba auflief, versuchte Dardai es diesmal mit Piatek neben dem Kolumbianer. Ein Experiment, das bislang nicht allzu oft Früchte trug und auch am Sonntag nicht von Erfolg geprägt sein sollte. Die Arminen, die das 0:5 gegen Borussia Mönchengladbach offensichtlich abschütteln konnten, verstanden es sehr gut, das Zentrum, auf das es Hertha abgesehen hatte, dicht zu machen. Auch die inversen Außenverteidiger (Mittelstädt und Zeefuik tauschten in der Anfangsphase die ihnen normalerweise zugeteilten Seiten) schafften es nicht, für Durchdringen zu sorgen.

So war es eine Einzelleistung von Cordoba, der sich in der 34. Minute clever gegen Pieper durchsetzte und den Pfosten traf, die für die einzige gefährliche Torszene der Hausherren im ersten Durchgang sorgte.

Der Tribut der ungewohnten Belastung

Auch gegen Bielefeld betrieb Dilrosun wieder kräftig Eigenwerbung (Matthias Koch, imago images via Getty images)

Eine Verbesserung des zähen Spiels fand auch in der zweiten Halbzeit zunächst nur graduell statt. Hertha gelang es zwar besser, das Spiel in die Hälfte des Gegners zu verlagern, allein an der Anzahl der eigenen Tormöglichkeiten änderte dies herzlich wenig. Erst mit der Hereinnahme von Dilrosun, durch den es endlich gelang, auch das zuvor lahme Flügelspiel zu beleben, kam etwas Schwung in die Schlussphase. Immer wieder vermochte es der Niederländer, Spieler im Eins gegen Eins zu binden und mit zwei Schüssen aus der zweiten Reihe für Torgefahr zu sorgen. Wie wichtig es ist, dass der Niederländer endlich fit ist, wurde dann im Laufe der Woche deutlich. Denn Herthas Personaldecke wird gerade gefühlt von Tag zu Tag dünner.

Dass Maximilian Mittelstädt wegen seiner Gehirnerschütterung , ebenso wie Matheus Cunha, der sich eine Verletzung im Sprunggelenk zuzog, nicht zur Verfügung stehen wird, stand schon kurz nach Abpfiff fest. Am Dienstag kam dann auch noch die Hiobsbotschaft hinzu, dass Jhon Cordoba mit einer Verletzung am Bandapparat in den verbleibenden drei Spielen nicht mit von der Partie sein wird. Auch hinter Sami Khedira, den nach wie vor Wadenprobleme plagen, steht ein großes Fragezeichen. Pressesprecher Max Jung ging am Dienstag nicht davon aus, dass dieser mit nach Gelsenkrichen reist.

Erfreuliche Nachrichten gibt es indes in der Personalie Lukebakio. Der Belgier kann nach seiner Corona-Infektion wieder mitwirken.

Schalkes Abschiedstour mit Hindernissen

Fragt man Herthas kommenden Gegner, muten die Berliner Sorgen wie Luxusprobleme an. Seit drei Wochen ist das schon längst Unabwendbare offiziell: Der FC Schalke 04 steigt aus der Bundesliga ab. Wer nun aber die Hoffnung oder Befürchtung (je nach Standpunkt) hatte, dass die Gelsenkirchener nun, da es ohnehin um nichts mehr geht, etwas befreiter aufspielen könnten, sieht sich getäuscht. Selbst in dieser für Schalke-Anhänger völlig bedeutungslosen Endphase der Saison schafft der S04 es noch, seine Fans zu enttäuschen. Nach einer 2:0-Halbzeitführung in Sinsheim, ließ sich das Team von Dimitrios Grammozis noch mit 2:4 die Butter vom Brot nehmen. Als hätte es in dieser Katastrophen-Saison nicht schon genug Nackenschläge gegeben, hört das Elend selbst nach dem Abstieg nicht auf.

Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, musste zudem das Teamtraining der Schalker am Montag ausgesetzt werden, nachdem ein Mitspieler positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Am Dienstag kam dann infolge der angeordneten PCR-Testung ein weiterer positiver Fall hinzu. In der Endabrechung macht das: Ein Gegner, der mit allen Fasern des Körpers am Boden liegt und zudem noch eine unterbrochene Vorbereitung auf das Spiel am Mittwoch hatte. Während man für das Unentschieden gegen Bielefeld noch Gründe finden kann, wieso es sich aus Hertha-Sicht damit leben lässt, gibt es an dieser Stelle kein Vertun: Ein Sieg ist Pflicht.

Titelbild: imago images via Getty images

Zwischen zwei Spielen – Hertha hofft auf Siegesserie

Zwischen zwei Spielen – Hertha hofft auf Siegesserie

Am liebsten hätten die Profis von Hertha BSC nach dem so erlösenden 3:0 Erfolg im Heimspiel gegen den SC Freiburg ordentlich gefeiert. Doch am nächsten Morgen ging bereits die Vorbereitung auf das nächste Spiel los. Im „Monsterprogramm“ kann man sich nun mal nicht lange mit Erfolgen oder Misserfolgen beschäftigen. Zu nah ist die nächste Herausforderung, zu wenig Zeit bleibt zwischen den Partien. Der nächste Gegner heißt Arminia Bielefeld, das Spiel am Sonntagabend könnte dabei entscheidend für das Schicksal im Abstiegskampf werden.

Komplettrotation – 9 Wechsel vor Freiburg

Anders als viele (unsere Redaktion eingeschlossen) erwartet hatten, nahm Cheftrainer Pal Dardai bereits im zweiten Nachholspiel eine (fast) komplette Rotation vor. Neun der zehn Feldspieler wurden aus der Startelf ausgewechselt. Nur Matteo Guendouzi stand wie schon gegen den FSV Mainz 05 von Beginn an auf dem Platz. Auch die gesamte Defensive wurde verändert.

Foto: Matthias Koch / IMAGO

In der Pressekonferenz vor der Partie hatte es Dardai bereits angedeutet. Einige seiner Spieler hätten noch zwei Tage nach der Partie in Mainz Muskelkater und -Schmerzen verspürt. Die zwei Wochen Trainingspause und das erste Spiel nach wenigen Trainingseinheiten hätten sich bemerkbar gemacht. Da sich Hertha im so engen Spielplan kaum Muskelverletzungen erlauben kann – auch keine leichten – ging Dardai auf Nummer sicher.

Dass es Sinn ergab, wurde bei Sami Khedira deutlich: der Weltmeister musste früher als erwartet eingewechselt werden um den schwer am Fuß verletzten Matteo Guendouzi zu ersetzen. Kurz vor Schluss musste der 34-Jährige mit einer Muskelverhärtung runter. Ähnliches hätten die Blau-Weißen bei einigen Stammspielern des Mainz-Spiels erwarten können.

Systemwechsel – von der Dreierkette zur Viererkette

Auch das System wurde für das Duell gegen die Breisgauer geändert. Hertha spielte im 4-2-3-1, mit Krzysztof Piatek als einzige Sturmspitze. Die drei zentralen Mittelfeldspieler bewegten sich dabei sehr gut, ließen sich auch in einigen Situationen auf den Außen fallen, um Vorstöße der Außenverteidiger abzusichern. Auch die Außenspieler Javairo Dilrosun und Nemanja Radonjic arbeiteten viel mit nach Hinten.

Foto: Matthias Koch / IMAGO

Dies nutzten Peter Pekarik und Jordan Torunarigha aus, besonders zu sehen war dies in der Entstehung vom 1:0. In dieser Spielsituation hatten Matteo Guendouzi und Jordan Torunarigha die Positionen getauscht. Auch beim 2:0 fand sich Peter Pekarik in Mittelstürmer-Position im gegnerischen Strafraum wieder, um die Flanke einzuköpfen.

Der SC Freiburg machte es zu Spielbeginn ähnlich wie Mainz und presste die Berliner sehr früh und sehr hoch. Anders als am Montag blieben die Spieler der „alten Dame“ aber ruhig und konzentriert. Alexander Schwolow hatte dadurch in der Anfangsphase der Partie sehr viele Ballkontakte. Auffällig war auch, dass Hertha BSC in der zentrale sehr präsent war. Viele lange Bälle in die Mitte des Platzes erreichten somit Hertha-Spieler. Besonders Vladimir Darida fiel durch herausragende Ballannahmen und -Sicherungen auf. Der Tscheche zeigte ein sehr gutes Spiel.

Optimaler Spielverlauf – Hertha mit Selbstvertrauen

Diese Präsenz im zentralen Mittelfeld stellte die Gäste vor Schwierigkeiten im Spielaufbau. Die Breisgauer kamen vor allem durch Standards und Fernschüsse zu Möglichkeiten. Die hohen Hereingaben konnten die Berliner durch Dedryck Boyata und Omar Alderete fast immer hinausköpfen.

Foto: Matthias Koch / IMAGO

Die bereits erwähnte Variabilität und Mobilität bewies Hertha auch beim 1:0, als sich Torunarigha in zentraler Position wiederfand und den Abschluss suchte. Den abgewehrten Ball konnte dann Piatek verwerten und somit seinen Fehlschuss gegen Mainz wiedergutmachen. Auch beim 2:0 war Jordan Torunarigha beteiligt. Einen clever geworfenen Ball per Einwurf konnte Santiago Ascacibar zentral behaupten. Dessen Anspiel fand Nemanja Radonjic, der sich sehenswert gegen Philipp Lienhart durchsetzte und eine schöne Flanke in die Mitte schlug. Diese verwertete Peter Pekarik per Kopfball und setzte seine verrückte Saison mit 4 Pflichtspieltoren fort.

Mit der Führung im Rücken agierten die Hertha Profis spürbar sicherer, hatten die Partie weitestgehend unter Kontrolle. Erst in der zweiten Halbzeit steigerten sich die Breisgauer. Bereits in der 48. Minute erspielten sie sich nach Standard eine Großchance. Nach und nach bauten sie noch mehr Druck auf. Herthas Trainerstab reagierte und wechselte Matheus Cunha und Jhon Cordoba ein.

Ausblick in Richtung Sonntag – Hertha mit erneuter Rotation

Diese brachten frischen Wind und neue Frische, die zu einigen Kontersituationen führten. Nemanja Radonjic hatte dadurch auch deutlich mehr Räume und war besonders in der zweiten Halbzeit viel zu sehen. Dabei konnte er sich nach gescheiterten Konterversuchen doch noch belohnen und das 3:0 per schönem Sololauf erzielen.

So waren die drei Punkte gesichert. Hertha blieb mittlerweile im fünften Spiel in Folge ungeschlagen. In zwei Nachholspielen schafften sie es, zunächst einmal den vorletzten Tabellenplatz zu verlassen und aufgrund der Tordifferenz gleich drei Teams hinter sich zu lassen.

Diese so wichtigen drei Punkte gegen Freiburg wird Hertha jedoch am Sonntagabend gegen Bielefeld veredeln müssen. Sollten sich die Spieler der „alten Dame“ auch im zweiten Heimspiel in Folge behaupten und den Sieg holen, hätten sie die direkten Abstiegsplätze fast schon sicher hinter sich gelassen.

Ein großer Vorteil in der grundsätzlich sehr schwierigen Lage der Berliner wird sein, dass Pal Dardai durch die Rotation gegen Freiburg vielen Spielern eine Pause geben konnte. Stammspieler wie Marton Dardai, Maximilian Mittelstädt und Lucas Tousart blieben 90 Minuten auf der Bank. Vizekapitän Niklas Stark, Deyovaisio Zeefuik, Matheus Cunha und Jhon Cordoba spielten nicht mehr als eine halbe Stunde. Diese Spieler werden wohl gegen Bielefeld wieder in die Stammelf rotieren.

Nicht zu unterschätzen – Arminia Bielefeld mit Stärken

Eine erneut große Rotation also soll die nötige Frische gegen körperlich sehr gut aufgestellte Bielefelder bringen. Diese haben sich unter Neutrainer Frank Kramer zuletzt stabilisiert. In den letzten fünf Spielen holten sie acht Punkte und verloren nur das letzte Spiel gegen Borussia Mönchengladbach.

Foto: IMAGO

Spieler wie Ritsu Doan, Fabian Klos oder Andreas Voglsammer sind besonders gefährlich, defensiv bleibt Bielefeld meistens sehr stabil, steht für geschlossene Teamleistungen. Hertha-Leihgabe Arne Maier bekam mit dem neuen Trainer eine neue Chance und wurde schnell zu einer zentralen Figur des Bielefelder Spiels. Durch die Pause werden die Spieler des Aufsteigers sicherlich frisch und fit sein, was ein Vorteil gegenüber Hertha sein könnte.

Was für Hertha spricht, ist sicherlich die Bilanz der Ostwestfalen. Auswärts konnten sie diese Saison nur zwei Siege holen: im Dezember in Gelsenkirchen und im März überraschend in Leverkusen. Im Letzten Auswärtsspiel in Gladbach verloren sie sogar mit 0:5. Viele Tore schießt die Arminia auch nur selten. Nur in zwei Spielen (gegen den VfB Stuttgart und FC Bayern München) gelang ihnen mehr als zwei Treffer. Die allermeisten Spiele endeten mit einem oder keinem Treffer durch Bielefeld.

Pflichtsieg für den Klassenerhalt – Hertha hofft auf Befreiung

So oder so: ein Sieg ist für Hertha BSC am Sonntag Pflicht. Die Blau-Weißen sind trotz „Monsterspielplan“ und fehlender Frische im Aufwind und könnten mit dem zweiten Heimsieg in vier Tagen einen Riesenschritt in Richtung Klassenerhalt machen. Noch halten die Spieler körperlich den Rhythmus durch und zeigen auch mentale Stärken, die sie in der Hinrunde noch schmerzlich vermissen ließen.

Foto: Matthias Koch / IMAGO

Matteo Guendouzi wird leider diese Saison nicht mehr für Hertha auflaufen können. Sami Khedira wird am Sonntag durch seine Muskelverletzung womöglich nicht zur Verfügung stehen, sollte aber eine Option für das Spiel in Gelsenkirchen werden. Vieles wird am Sonntag davon abhängen, ob sich die Form der zuletzt immer stärker werdenden Spieler auch weiter entwickelt.

Es spricht also einiges dafür, dass Hertha BSC genau im richtigen Zeitpunkt eine positive Serie starten kann. Doch dafür müsste etwas geschafft werden, was bisher in dieser Saison nie funktionierte. Hertha müsste zwei Siege in Folge holen. Immerhin: zwei Heimspiele in Folge schafften sie bereits (2:1 gegen den FC Augsburg und 3:0 gegen Bayer Leverkusen). Wenn das nochmal gelingt, ist die Katastrophen-Saison so gut wie gerettet.

(Titelbild: Matthias Koch / IMAGO)

1. FSV Mainz 05 – Hertha BSC: Der Marathon beginnt

1. FSV Mainz 05 – Hertha BSC: Der Marathon beginnt

Seit dem 10. April hat Hertha BSC kein Spiel mehr bestritten, inzwischen befindet sich das Team auf dem 17. Tabellenplatz. Mit drei Spielen Rückstand zur Konkurrenz. Am Montag kehrt die Mannschaft vom „Homeoffice“ und der Quarantäne auf den Rasen zurück und spielt gegen die Mannschaft der Stunde – den 1. FSV Mainz 05. Wie fit und schlagkräftig Hertha aus der Quarantäne kommt, scheint unberechenbar zu sein. Mainz jedoch lieferte in den vergangenen Wochen genügend Spielmaterial für eine Analyse. Worauf muss sich Hertha einstellen, wenn das Team gegen den Bayern-Bezwinger siegen möchte?

Darüber, und was wir von Mainz erwarten können, haben wir mit Oliver Heil gesprochen, er ist Fan-Experte bei Spiegel Sport und zusammen mit Mara Pfeiffer Autor des Buches „1. FSV Mainz 05 Fußballfibel“. Nach der Hinrunde lag sein Herzensverein noch auf dem 17. Tabellenplatz, in der Rückrundentabelle belegt die Mannschaft, mit einem Spiel weniger, nun den fünften Platz. Doch ist die starke Punkteausbeute noch kein Grund zur Entspannung, wie Oliver Heil findet.

Hertha und Mainz: Unterschiedliche Gefühlswelten

Für die Hertha-Fans müssen die vergangenen Wochen qualvoll gewesen sein. Die Konkurrenz spielt, während die eigene Mannschaft wegen der Quarantäne nur zu gucken kann. Das Team hielt sich unter Online-Anleitung und Aufsicht von Athletik-Trainer Henrik Kuchno überwiegend auf dem Laufband und mit Trainingsbändern fit. Zuschauen mussten das Team und die Fans auch, als der 1. FSV Mainz 05 am vergangenen Spieltag die Meisterschaftsfeier des FC Bayerns verschob und mit einem 2:1 Sieg wichtige drei Punkte für den Klassenerhalt sicherte.

Nach dem 28. Spieltag, also vor Beginn der Quarantäne für Hertha BSC, stand Mainz mit 28 Punkten auf dem 14. Tabellenplatz. Hertha rangierte mit zwei Punkten weniger direkt dort hinter, auf dem 15. Tabellenplatz. Das direkte Duell gegeneinander musste wegen der Quarantäne verschoben werden. Zwei Spiele später und sechs Punkte mehr, hat sich Mainz bis auf den 12. Tabellenplatz hochgekämpft und inzwischen satte 34 Punkte gesammelt. Seit sieben Spieltagen hat Mainz nicht mehr verloren, das verschobene Spiel gegen Hertha ausgenommen.

Der Lasso-schwingende Hype-Train aus Mainz

„Die Überzeugung ist nach dem Sieg gegen Bayern, und vor allem durch die Art wie er herausgespielt wurde, natürlich gewachsen“, sagt er. Damit habe Mainz einige Teams hinter sich gelassen, denen man nicht unbedingt einen Lauf zutraue. Damit wurden wichtige Schritte in Richtung des eigenen Klassenerhalts gemacht. Das Spiel gegen Hertha „ist dadurch aber nicht weniger wichtig. Ich bin null entspannt“, sagt Oliver Heil weiter. Vor allem, weil es unberechenbar scheint, wie Hertha nach der langen Pause in Form sein wird.

mainz hertha
Foto: IMAGO

„Hat die Quarantäne die Mannschaft zu einer Schicksalsgemeinschaft geformt oder ist sie in ihre Einzelteile zerfallen?“, fragt sich auch Oliver Heil. Die Beispiele Kiel und Sandhausen würden zeigen, dass Teams tatsächlich auch mit Schwung aus solchen Pausen kommen können. „Aber dann triffst du halt auf Mainz, wo gefühlt gerade jeder Spieler das Lasso schwingend auf dem Hype-Train reitet“, sagt Oliver Heil sichtlich begeistert von seiner Mannschaft. Hätte er vor zwei Wochen noch auf ein ödes Unentschieden getippt, ist er sich nun sicher: „Mainz gewinnt. Für Montag gibt es noch keine Punkte für euch, aber danach bestimmt“, sagt er zwinkernd.

Zumindest der Tonus scheint bei Hertha aber schon einmal zu stimmen. Meckern oder jammern wollte niemand im Team, „Wir nehmen diese Situation an, wir hadern nicht nicht mit der Situation“, sagte etwa Geschäftsführer Carsten Schmidt, kurz nachdem die positiven Tests bekannt wurden. Und er ergänzte: „Die Motivation ist maximal, ich spüre so so einen Spirit: Jetzt erst recht.“

Das Mainzer Spiel ist gefährlich, könnte der Hertha aber liegen

Selten zeichnen sich Mannschaften im Abstiegskampf durch passsicheren Ballbesitz-Fußball aus. So ist es etwa auch beim 1. FSV Mainz 05. Dennoch ist es laut Oliver Heil durchaus unangenehm, gegen die Mannschaft zu spielen. „Du musst wahnsinnig viel laufen, musst ständig versuchen, dich aus Presseng-Situationen zu befreien. Das Spiel der Mainzer lebt also vom Umschaltmoment“, beschreibt er den Fußball seiner Mannschaft. Für Hertha könnte es nach der langen Pause ohne Ball am Fuß gefährlich werden, sich einem ständigen Mainz-Gegenpressing gegenüber zu sehen. Maximale Konzentration, schnelles Denken und Lesen des Spiels, sowie eine hohe Passsicherheit werden entscheidend sein, um sich aus diesen Situationen zu befreien. Für eine Mannschaft ohne Spielrhythmus könnte das durchaus ein Problem werden.

Foto: Poolfoto Patrick Scheiber/Jan Huebner/IMAGO

Doch gelingt das, sind die Mainzer für ihr Pressing erst einmal aufgerückt und Hertha schafft es, die Situationen auszuspielen, kann es nach vorne in die Spitze sehr schnell gehen – stimmt dann noch der Abschluss, kann Hertha durchaus zählbares mit nachhause nehmen. Auch Hertha braucht den Ball nicht ständig am Fuß und glänzt etwa in Umschaltmomenten. Oft mit Jhon Cordoba, der den Ball in der Spitze fest macht und auf die Flügel verlagert. Von dort schlagen entweder die Außenverteidiger ihre Flanken hinein oder etwa ein Cunha geht ins Dribbling und zieht in den Strafraum.

Ein wichtiger Parameter dafür scheint das Passsiel der Mainzer zu sein. Denn das ist laut Oliver Heil „von der Statistik unterirdisch“. Und tatsächlich liegen die Mainzer mit 75,4 Prozent angekommener Pässe in dieser Saison auf dem letzten Tabellenplatz. Hertha hingegen befindet sich mit 82,1 Prozent angekommener Pässe auf dem achten Tabellenplatz. Ob sich Hertha durch kluges und schnelles Passspiel von dem gegnerischen Pressing befreien kann, wird also eine entscheiden Frage in diesem Spiel sein.

Das Abwehr-„Bellwerk“ brechen

Eine weitere Stärke der Mainzer liegt laut Oliver Heil im Abwehrverhalten. „In Mainz sprechen wir schon vom ‚Bellwerk‘, weil Stefan Bell da hinten der Turm in der Schlacht ist, der stabile Anker“, sagt er. Ergänzen würden ihn vor allem auch Moussa Niakhaté und Jeremiah St. Juste, „zwei technisch starke und sehr schnelle Verteidiger, die sich jederzeit ins Angriffsspiel einschalten können“, beschreibt er die verbesserte Defensivarbeit der Mainzer vor allem in der Rückrunde.

Doch bleibt die schwache Passquote der Mainzer – womöglich kann Hertha das mit eigenem Pressing für sich nutzen und das Ruder somit herumdrehen. Doch sind die Berliner nicht für ein starkes Spiel mit Pressing auf den Ball und zulaufen der Anspielstationen bekannt – weshalb es womöglich auf direkte Duelle der Berliner Edeltechniker mit der Mainzer Abwehr hinauslaufen wird.

Foto: Andreas Gora/IMAGO

Einen Vorteil für Mainz sieht Oliver Heil darin, dass sein Team den Abstiegskampf bereits angenommen habe – und auch, dass der Kader dafür ausgelegt sei. „Was Bo Svensson zusammen mit dem neuen Sportdirektor Martin Schmidt super hinbekommen hat, ist, die Mannschaft komplett auf den Abstiegskampf einzuschwören und alle mitzunehmen“, sagt er. Er sei nicht dicht an Hertha und dem Team dran, doch seiner Einschätzung nach, ist das in Berlin noch nicht der Fall. „Zumindest meiner Wahrnehmung nach ist das Dárdai in Berlin nicht so gelungen. Ich weiß nicht, ob die Stärken, die in diesem Kader stecken, die sind, die in der jetzigen Situation weiterhelfen“, sagt er.

Ob er Recht hat oder das Berliner Team vor Kampf und Motivation nur so strotzt, wird sich am Montag zeigen. Vier Punkte aus den drei Nachholspielen sind laut Pál Dárdai das Minimalziel – mehr dürften es aber gerne sein. “Den Druck muss die Mannschaft überleben, das ist eine machbare Aufgabe. Danach müssen wir über den nächsten Druck reden“, sagte der Hertha-Trainer in der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Mainz. Damit beginnt für die Berliner am Montag der entscheiden Fußball-Marathon, mit sechs Spielen innerhalb von nur 20 Tagen.

[Foto: xUwexKoch/xEibner-Pressefotox/IMAGO]

Hertha BSC – Borussia Mönchengladbach: Der Abschluss einer turbulenten Woche

Hertha BSC – Borussia Mönchengladbach: Der Abschluss einer turbulenten Woche

An ereignisreichen Wochen mangelt es Hertha in den seltensten Fällen. Die zurückliegenden fünf Tage waren dann allerdings doch ein wenig zu viel des Guten. Aber eins nach dem anderen: Zunächst war da die Punkteteilung am Sonntagabend, mit der Hertha, rein nüchtern betrachtet, gegen den Tabellensiebten der Fußball-Bundesliga gut leben kann. Bekanntermaßen ist ein Punkt jedoch in der aktuellen Situation eigentlich nicht genug, zumal es sich eben nicht um irgendeinen Bundesligisten handelte, sondern den Stadtrivalen Union Berlin. Hier scheint es mittlerweile zur unschönen Tradition zu werden, dass Hertha in Duellen an der Alten Försterei, auch ohne Zuschauer, nicht ganz auf der Höhe ist, um es mal euphemistisch auszudrücken. Von der Kombinationssicherheit, die man noch in der Vorwoche gegen Leverkusen bestaunen durfte, war nicht das Geringste zu sehen, sodass das 1:1 am Ende der Alten Dame sogar noch schmeichelte.

Viel Zeit, sich über diesen uninspirierten Auftritt aufzuregen, blieb allerdings nicht, denn bereits am Montag wurde ein Interview von Herthas Torwarttrainer Zsolt Petry veröffentlicht, das in der Hanns-Braun-Straße für kollektives Kopfschütteln gesorgt haben dürfte. In diesem offenbarte der 54-jährige, neben diversen weiteren Verfehlungen, seine homophoben und migrationsfeindlichen Ansichten und ließ Hertha damit keine andere Wahl, als die Zusammenarbeit zu beenden.

Hertha ist politisch – und das ist auch gut so

Ex-Torwarttrainer Zsolt Petry mit dessen Schützling Rune Jarstein (Imago images via Getty Images, nordphoto GmbH, Engler)

So schwer Hertha es seinen Fans auch immer mal wieder macht, diese toxische Beziehung weiterhin aufrecht zu erhalten, so stolz darf man angesichts dessen, wie Carsten Schmidt, Arne Friedrich und Co. in dieser Causa agiert haben, auf den Klub sein. Nach interner Beratung und unter Einbeziehung aller beteiligten Personen – insbesondere der von Petry trainierten Torhüter – gab Hertha nur einen Tag nach Bekanntwerden von Petrys Aussagen, mit Verweis auf die Werte des Vereins, die Trennung vom Ungarn bekannt. Hertha hat damit eindrucksvoll gezeigt, dass rassistisches Gedankengut in keinster Weise zu tolerieren ist. Liest man sich die teils entlarvenden Kommentarspalten bei Facebook und Co. durch, weiß man, wie wichtig es war, dass Hertha hier ein Zeichen gesetzt und wiederholt klar gemacht hat, dass man nicht gleichzeitig Rassist und Anhänger von Hertha BSC sein kann.

Zeit für sportlich positive Schlagzeilen

Gladbachs jüngste Mini-Erfolgsserie steht auf wackeligen Beinen. (Imago images via Getty Images, Guido Kirchner)

Nachdem die Blau-Weißen in dieser Woche also vor allem neben dem Platz Haltung gezeigt haben, wird es nun Zeit, auch auf dem Rasen für gute Nachrichten zu sorgen. Denn trotz vier Zählern aus den letzten beiden Spielen ist man weiterhin mittendrin im Abstiegskampf. Mit Borussia Mönchengladbach wartet nun ein Gegner, der auf dem Papier wieder im Aufwind zu sein scheint. Nachdem infolge der Verkündung des Abgangs von Cheftrainer Marco Rose vier Ligaspiele hintereinander verloren wurden, gab es zuletzt wieder zwei Siege. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass der erste Dreier dabei gegen Schalke heraussprang, die in der diesjährigen Verfassung aus jeglicher, sportlichen Analyse herausgerechnet werden müssen. Auch der Sieg gegen Freiburg am Samstagabend war alles andere als überzeugend. So hätte Freiburg zum Pausenpfiff gut und gern mit 4:0 führen können. In der zweiten Halbzeit steigerte sich das Team von Marco Rose zwar deutlich, doch die Souveränität der Vorsaison ist Gladbach längst abhandengekommen. In den seltensten Fällen gelingt es den „Fohlen“, eine Partie über 90 Minuten zu dominieren und einen Sieg ungefährdet über die Zeit zu bringen.

Dachte man vor der Saison noch, dass mit den Zukäufen von Lazaro und Wolf, die offensiv ohnehin schon stark besetzte Mannschaft nun noch stärker werden würde, ist das Gegenteil der Fall. Sowohl Plea als auch Thuram, Gladbachs Torgaranten im Vorjahr, rennen ihrer Form aktuell weit hinterher. Hinzu kommt, dass die Defensive längst nicht mehr so stabil steht. Bereits jetzt, nach 27 absolvierten Partien, hat der VfL mit 41 Gegentreffern ein Tor mehr kassiert als in der gesamten zurückliegenden Saison. Es darf sich aus blau-weißer Sicht also durchaus etwas ausgemalt werden.

Hoffnung auf Dardai und Khedira

Auch der Blick auf die Personalsituation gibt dabei Grund für vorsichtigen Optimismus. Marton Dardai, der beim Derby wegen einer Innenbanddehnung im Knie nicht bereitstand, könnte am Samstag wieder Kandidat für die Startelf sein. Insbesondere dessen starke Spieleröffnung habe Hertha gegen Union gefehlt, wie Trainer Dardai in der Pressekonferenz vom Donnerstag hervorhob. Auch bei Sami Khedira, der gegen Union in der Schlussphase eingewechselt wurde, sollte es laut Dardai für mindestens 45 Minuten reichen. Ein großer Wehrmutstropfen ist indes die Lage rund um Kapitän Dedryck Boyata. Nachdem der Belgier nach dreimonatiger Verletzungspause eine Halbzeit für Belgien absolvierte, zog er sich vor der Partie gegen Union einen Muskelfaserriss zu. Ob es in dieser Saison noch für Einsätze reicht, darf zumindest mal mit einem Fragezeichen versehen werden. Hinzu kommt, dass auch Vladimir Darida nach seiner Rot-Sperre gegen den BVB und Tousart wegen der fünften gelben Karte nicht zur Verfügung stehen werden. Dasselbe gilt für Eduard Löwen, der noch mit muskulären Problemen zu kämpfen hat. Umso wichtiger wäre daher die Einsatzfähigkeit von Dardai und Khedira, um diese turbulente Woche mit einem Erfolgserlebnis zu beschließen.

Quelle Titelbild: Imago images, via Getty Images, Matthias Koch

1. FC Union Berlin – Hertha BSC: Das Derby zum richtigen Zeitpunkt?

1. FC Union Berlin – Hertha BSC: Das Derby zum richtigen Zeitpunkt?

Zurück zum Wesentlichen: Nachdem auch mehr als ein Jahr nach Beginn der Pandemie der Fußball seine Sonderstellung immer weiter ausreizt und heiter seine Akteure rund um den Erdball schickt, sind nun alle wieder zurück bei ihren Vereinen. Aus rein nüchterner, sportlicher Sicht kam die Auszeit für Hertha jedoch tatsächlich gelegen. Sami Khedira konnte das Training wieder aufnehmen und wird am Sonntag, ebenso wie Kapitän Dedryck Boyata, im Kader stehen. Dass seine Antreiberqualitäten vonnöten sein werden, steht wohl außer Frage. Denn zum Abschluss des 27. Spieltags ist es zum nunmehr vierten Mal in der ersten Liga so weit: Das Derby steht auf dem Programm!

Im Vorfeld des Spiels gegen Union Berlin haben wir mit Hans-Martin, bekannt durch den Blog und Podcast textilvergehen, gesprochen und von ihm Einblicke in das Unioner Seelenleben während dieser so verrückten Saison bekommen.

Verkehrte Welt in Berlin

(Imago Images via Getty Images)

Dass Hertha und Union vor einem Aufeinandertreffen am 27. Spieltag 14 Punkte trennen, ist auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches. In der Saison 2010/2011, als sich die beiden Rivalen am 21. Spieltag in der zweiten Liga gegenüberstanden, waren es gar 20 Punkte. Allerdings waren es zu diesem Zeitpunkt erwartungsgemäß die Blau-Weißen, die von der Tabellenspitze grüßten, während Union sich im Abstiegskampf befand.

Heute haben sich die Vorzeichen gedreht. Nicht nur die Ligazugehörigkeit beider Teams hat sich geändert, sondern – zumindest, was die aktuelle Spielzeit betrifft – auch die Rangordnung. Hertha bangt dieser Tage um den Verbleib im Oberhaus. Parallel dazu hat Union das Saisonziel des Klassenerhalts faktisch schon erreicht und kann die verbleibenden acht Partien quasi als Bonus angehen.

Ein Satz, den im Vorfeld der Saison so wohl niemand erwartet hätte, wie auch Hans-Martin sagt: „Die Saison übertrifft wirklich alles, was ich zu hoffen gewagt hätte. Gerade nach dem Verlust von Sebastian Andersson hatte ich einen deutlich schwierigeren Verlauf erwartet. Aber Urs Fischer ist es einerseits gelungen, erneut viele neue Spieler einzubinden, und andererseits sozusagen unter Volllast die Spielweise der Mannschaft umzustellen und deutlich weiterzuentwickeln.“

Schwächephase vor dem Derby?

Unions Offensive zeigte sich zuletzt nicht mehr so treffsicher wie in der Hinrunde (Imago Images via Getty Images)

Die „umgestellte Spielweise“ ist dabei sogar fast noch beeindruckender als Unions Tabellenplatz. Während das Mittel der Wahl im letzten Jahr noch in Standards oder langen Bällen auf Andersson bestand, weiß Union nun auch aus dem Spiel heraus Chancen zu kreieren und hat sich in der Hinrunde hinter dem FC Bayern und Borussia Dortmund zum torgefährlichsten Team der Liga gemausert. Zur ganzen Wahrheit zählt aber auch, dass der Höhenflug in den zurückliegenden Spielen nicht mehr fortgesetzt werden konnte. Zu den beachtlichen 28 Zählern aus der ersten Saisonhälfte kamen bis heute nur noch zehn hinzu (zum Vergleich: Hertha holte im selben Zeitraum sieben Punkte). Auch die Torausbeute ist bei weitem nicht mehr so furchteinflößend wie noch in der Hinrunde. Acht Treffer erzielten die Eisernen seit dem 18. Spieltag und damit genauso viele wie Hertha.
Defensiv steht Union derweil weiterhin stabil, hat mit 32 kassierten Toren eine der sichersten Abwehrreihen der Liga. Der Schuh drückt aktuell also vor des Gegners Gehäuse.

Angesprochen darauf sagt Hans-Martin: „Zum einen spielt sicher die Verletzung von Max Kruse eine gewichtige Rolle. Auch wenn ich finde, dass die Mannschaft das insgesamt erstaunlich gut abgefangen hat, so ist er doch in seiner individuellen Klasse und sehr speziellen Spielweise nicht vollständig zu ersetzen. Hinzu kam eine deutlich geringere Effizienz. In der Hinrunde wurden aus 23 xG (expected goals, Anm. d. Red.) noch 32 Tore erzielt, in der bisherigen Rückrunde 8 aus 14. Kruses Fehlen ist da sicher ein Faktor, aber auch individuelle Schwankungen.“

Tatsächlich mangelt es Union neben Max Kruse an einem weiteren Akteur, der als Abschlussspieler fungieren kann. Nach der Verletzung von Awoniyi, mit fünf Treffern immerhin der zweiterfolgreichste Spieler bei den Köpenickern, versuchte es Urs Fischer zuletzt meist mit Joel Pohjanpalo als zweitem Angreifer. Getroffen hat der Finne in dieser Zeit kein einziges Mal. Dabei waren die Chancen, insbesondere am zurückliegenden Spieltag gegen Frankfurt, als man bei der 2:5-Niederlage satte 25 Torschüsse zustande brachte, zuhauf da. Doch auch hier war es wieder Max Kruse, der für die einzigen beiden Treffer sorgte. Dass es Union aber nicht gerecht würde, allein Kruse für die starke Saison verantwortlich zu machen, zeigte sich nach dessen Verletzung beim letzten Derby, in deren Folge er mehrere Wochen ausfiel und Union auch ohne sein Zutun unter anderem den BVB und Leverkusen schlug sowie Bayern und Wolfsburg einen Punkt abluchste. Dass Unions fußballerische Weiterentwicklung auch ohne den ehemaligen Nationalspieler Bestand hat, konnte man während dieser Phase sehen. Dennoch bleibt festzuhalten, dass es aktuell an einigen Stellen hakt, während der Trend bei Hertha (endlich) wieder in die andere Richtung zu zeigen scheint.

Mehr als ein kurzes Luftholen im Abstiegskampf?

Der Sieg gegen Leverkusen, noch dazu in dieser nicht für möglich gehaltenen Art und Weise, hat im blau-weißen Teil der Hauptstadt für ganz tiefes Durchatmen gesorgt. Damit hat Hertha nun aus den vergangenen drei Partien sechs Punkte geholt und mit dem Dreier gegen die Werkself auch endlich mal ein Spiel gegen ein Top-Team gewonnen. Dass es in der Mannschaft zu stimmen scheint, konnte auch schon in den Spielen davor konstatiert werden. Allein helfen in dieser so schwierigen Phase nun mal nur Punkte. Während Union also weitestgehend befreit in die Partie gehen kann, liegt der Druck ganz klar aufseiten von Hertha. Für gewöhnlich ist das nicht gerade die Stärke der Alten Dame.

Doch gegen Augsburg und Leverkusen hat das Team gezeigt, dass man ihm mit dieser Einschätzung vielleicht unrecht tut. Mit der Rückkehr von Sami Khedira und Dedryck Boyata sind in jedem Fall zwei enorm wichtige Spieler, nicht nur für den Platz, sondern auch für die Kabine, wieder fit. Gleichwohl es insbesondere bei Kapitän Boyata am Sonntag noch nicht für die Startelf reichen dürfte, sind das allemal gute Nachrichten, die Hertha im Abstiegskampf dringend gebrauchen kann.

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