Herthaner im Fokus: Ajax Amsterdam – Hertha BSC

Herthaner im Fokus: Ajax Amsterdam – Hertha BSC

Am Dienstag stand der zweite Test der diesjährigen Sommervorbereitung an. Nach Viktoria Köln wartete nun mit Ajax Amsterdam ein renommierter Name auf unsere Hertha. In der Johan Cruijff ArenA zu Amsterdam konnten sogar über 5.000 Zuschauer das Spiel live vor Ort verfolgen und den Spielern schon einen kleinen Ausblick auf die Stimmung in zukünftigen Spielen vor corona-gerechtem Publikum geben.

Wir blicken auf die auffälligsten Herthaner in diesem internationalen Härtetest.

Alexander Schwolow – Hand und Fuß – Licht und Schatten

Der Neuzugang vom SC Freiburg durfte sich auch im zweiten Testspiel von Anfang an beweisen und in der ersten Hälfte gegen das international vertretene Ajax Amsterdam auf mehr Arbeit als gegen Drittligist Viktoria Köln hoffen.

Und so kam bereits in der dritten Minute nach einem Freistoß von halbrechts per Kopfballverlängerung ein Amsterdamer frei am Fünfmeterraum zum Kopfball, setzte diesen aber knapp rechts am Tor vorbei, sodass Alexander Schwolow nicht eingreifen musste.

Foto: IMAGO

In der zwölften Minute war Herthas Keeper dann allerdings chancenlos. Der durch Krzysztof Piątek abgefälschte Freistoß von Zakaria Labyad trudelte ins rechte Eck zur Führung für die Niederländer.

In der Folge war „Schwolli“ größtenteils per Fuß gefordert – im Spielaufbau. Weil sich die Herthaner Viererkette sowie die beiden Sechser Lucas Tousart und Vladimir Darida mit Ball am Fuß äußerst schwer taten, folgte häufig zwangsläufig der Pass zurück zum Torwart, der seinerseits ebenfalls kaum Anspielstationen vorfand und das Leder entsprechend oft auf die weite Reise schicken musste. Dabei ging meistens spätestens der zweite Ball verloren, häufiger mussten die Balljungen auch ausschwärmen, um die Spielbälle vom angrenzenden Parkplatz zurückzuholen. Das war man in der letzten Saison so oder ähnlich auch von Rune Jarstein gewohnt gewesen.

Die große Stunde des ehemaligen Freiburgers schlug schließlich in der 25. Minute als er nach einer halbhohen Hereingabe von links den Schuss des heranrauschenden Stürmers aufs kurze Ecke mit einer starken Fußabwehr vereiteln konnte.

Der rechte Fuß des 28-Jährigen stand also heute im Fokus und zeigte dabei Licht und Schatten. Im Spielaufbau wurde er zu häufig allein gelassen und musste sich mit dem langen Hafer zufriedengeben. In seiner Haupttätigkeit, dem Tore verhindern, klappte das Ganze allerdings schon hervorragend und bewies, dass sich Hertha nach den schwächeren Auftritten von Rune Jarstein in der Vorsaison auf der Torhüterposition verstärkt hat.

Tousart / Darida vs. Ascacíbar / Maier – Doppelsechs-Duo-Duell

Herthas Doppelsechs-Besetzung steht weiter unter Beobachtung. Wie schlägt sich Neuzugang Lucas Tousart, wie das zuletzt lange verletzte Talent Arne Maier? Auch Santiago Ascacíbar kam verletzungsbedingt unter Bruno Labbadia erst zu einem Bundesliga-Einsatz über drei Minuten. Und dann gibt es da nach wie vor die Gerüchte um einen neuen Zentrumsspieler…

Hertha-Coach Labbadia ließ Tousart in der ersten Hälfte diesmal mit dem wiedergenesenen Vladimir Darida anstelle seines Vertreters Niklas Stark auflaufen, in Halbzeit zwei durften sich Arne Maier und Santiago Ascacíbar in der gleichen Zusammensetzung zusammenfinden, wie schon gegen Viktoria Köln.

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Lucas Tousart zeigte sich von Anfang an engagiert, lief viel von links nach rechts und von rechts nach links, meist mit einem Ajax-Gegenspieler im Schlepptau. Das Aufbauspiel, das wie für Labbadia üblich vorsah, die beiden Außenverteidiger sehr hoch stehen zu lassen und dafür einen der Sechser in eine der freien Positionen auf außen fallen zu lassen, kam trotzdem nicht so richtig in Gang. Herthas Angriff blieb größtenteils unbeweglich und fiel so fast dauerhaft als Anspielstation von hinten heraus aus. Schwolows Versuche, die Stürmer über lange Bälle ins Spiel zu bringen, schlugen meist fehl. Auch Tousart konnte die Ideenlosigkeit im Aufbau nicht wirklich beseitigen, bot sich zwar immer wieder auch an den Seiten an, konnte dann aber seinerseits nur selten einen freien Mitspieler in der Offensive finden.

In der Defensive zeigte er sich wie auch schon gegen Köln unaufgeregt und souverän bis auf die elfte Minute, als er von einem Amsterdamer Doppelpass übertölpelt wurde und Deyovaisio Zeefuik so zum Foulspiel greifen musste, das zum Treffer per Freistoß für Ajax führte. Dahingegen konnte der französische Neuzugang sowohl in der 16. als auch in der 21. Minute starke Ballgewinne verbuchen und seinen Ruf als intelligenten, spielstarken Abräumer bestätigen.

Als er sich in der 34. Minute dann doch einmal so richtig ins Offensivspiel einschaltete, wurde es auch direkt gefährlich. Tousart verfolgte einen hohen Ball, gewann das Kopfballduell und konnte so die Kugel zu Piątek bringen, der seinerseits auf Matheus Cunha verlängern konnte. Dem Brasilianer aber versprang der Ball leicht, sodass die Ajax-Abwehr die Situation bereinigen konnte.

Das Offensivspiel wäre in dieser Konstellation wohl eher eine Sache für Vladimir Darida gewesen. Der tschechische Nationalspieler blieb aber die gesamte Halbzeit unsichtbar und konnte weder defensiv noch offensiv nennenswerte Akzente setzen. Von seinen omnipräsenten Leistungen am Ende der zurückliegenden Saison scheint er noch weit entfernt, auch wenn dem 30-Jährigen zugute gehalten werden muss, dass das defensive Mittelfeld wohl nicht unbedingt zu seinen Fähigkeiten passt und er weiter vorne eingesetzt werden müsste.

Im Halbzeit zwei durften sich dann wieder Arne Maier und Santiago Ascacíbar gemeinsam auf dem Feld tummeln. Und es scheint, als hätten die gemeinsamen Minuten das Zusammenspiel schon ordentlich verbessert.

Der Argentinier hielt sich mit offensiven Ausflügen sehr zurück, räumte aber wie üblich als Staubsauger auf und hielt Maier den Rücken frei. Seine defensiven Künste konnte er eindrücklich in den Minuten 53 und 68 per kompromissloser (sauberer!) Grätsche wie auch in der 71. Minute zeigen, als er einen Schuss auf das Tor wenige Meter vor der Linie klärte.

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Maier dahingegen riss das Spiel an sich und zeigte auf, was in Halbzeit eins gefehlt hatte – ein Taktgeber, der mit seinen Pässen den Raum öffnen kann.

Der Offensivdrang und die Spielfreude waren unübersehbar. Der Spielaufbau funktionierte insgesamt wesentlich besser als in Halbzeit eins, wobei das gesamte Team einen besseren, dynamischeren Eindruck hinterließ. Über Maier lief das Offensivspiel, schon in der 51. Minute dribbelte er stark nach vorne, später leitete er in der 59. Minute den Pfostenschuss von Daishawn Redan ein. Auch in der 64. Minute schickte er Leckie mit einem lässigen Doppelpass zu einer guten Chance in den Strafraum, wo der Australier allerdings noch an einem Abwehrbein scheiterte.

Insgesamt zeigte Maier, was man von einem spielmachenden Sechser erwartet. Im Zusammenspiel mit Ondrej Duda auf der Zehn kamen einige vielversprechende Angriffe zustande, wenngleich es häufig doch noch am letzten Pass haperte und Hertha nicht mit hundertprozentigen Chancen aufwarten konnte. Maier verband, ganz anders als Darida im ersten Durchgang, die Mannschaftsteile aus Defensive und Offensive. Auch das Zusammenspiel mit Ascacíbar funktionierte noch einmal besser als gegen Köln.

Vielleicht hat Hertha seine Doppelsechs nun also schon gefunden?

Vladimir Darida wird sich jedenfalls noch ordentlich steigern müssen. Lucas Tousart gilt als spielstärkerer Abräumer als Ascacíbar – es könnte sich dort also eine kreative Zentrale mit Arne Maier anbieten, die Bruno Labbadia mit Sicherheit in den kommenden Testspielen ausprobieren wird. Der junge Berliner scheint jedenfalls nach seiner langwierigen Verletzung endlich wieder auf dem richtigen Weg gen Topform zu sein. Auch der argentinische Staubsauger Ascacíbar machte seine Sache jetzt zwei Mal sehr ordentlich – ihm könnte nur Neuzugang Tousart oder die anvisierte Neuverpflichtung im Mittelfeld im Wege stehen.

Herthas Zentrale stellt zurzeit noch die größte Baustelle dar. Die Ansätze in Halbzeit zwei und die sichtbare Verbesserung im Zusammenspiel machen aber Hoffnung, dass auch schon mit dem vorhandenen Personal eine mehr als ordentliche Besetzung der Doppelsechs möglich ist.

Spannend bleibt abzuwarten, welcher Zusammensetzung auf dem Herzstück seiner Spielidee Bruno Labbadia in den nächsten Testspielen den Vorzug gibt und welches Duo sich so langsam aber sicher in der Zentrale festspielt.

Jessic Ngankam – Dauergast in der Testspiel-Startelf

Wie schon im ersten Test gegen Viktoria Köln durfte sich Jessic Ngankam von Anfang an auf der linken Angriffsseite neben Matheus Cunha und Dodi Lukébakio im offensiven Dreiermittelfeld beweisen.

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Und er machte seine Sache ordentlich. Im eher statischen Spiel der Hertha belebte er einige Male mit beherzten Dribblingeinlagen die Offensive und konnte so nach schöner Ballverlagerung von Niklas Stark den ersten Abschluss von Hertha-Seite in Minute 26 verzeichnen und eine Ecke herausholen. Nur drei Minuten später kam Hertha wirklich gefährlich vors Tor, nachdem Cunha einen Konter nach links in den Strafraum zu Ngankam verlagerte, dessen Hereingabe aber viel zu ungenau geriet. Auch in der 45. Minute bewies der Herthaner Nachwuchsangreifer noch einmal Übersicht und zog mit einem Dribbling von der linken Seite nach innen und verlagerte das Spiel auf die rechte Seite, wo der Ball schließlich im Zusammenspiel zwischen Lukébakio, Piątek und Zeefuik versandete.

Wenig überraschend, aber dennoch bemerkenswert zeigte sich Ngankam auch immer wieder in der Defensive und unterstütze Plattenhardt mit helfendem Fuß, wo er nur konnte. Gemeinsam hatten die beiden die linke Abwehrseite im Griff.

Jessic Ngankam konnte im eher lahmen Spiel der ersten Hälfte einige Akzente setzen und zeigt so, warum Labbadia ihn offenbar weiterhin als ernsthaften Kandidaten für den Bundesliga-Kader sieht und ihm in der Vorbereitung schon einiges an Spielzeit einräumt. Möglicherweise kann er in etwas veränderter Mittelfeldkonstellation seine Stärken im Eins-gegen-Eins in Strafraumnähe und den wuchtigen Abschluss noch besser ausspielen. Das müssen die nächsten Testspiele zeigen.

Maxi Mittelstädt – Berliner Reinkarnation Willy Sagnols

Der Berliner hatte im ersten Testspiel gegen Köln noch angeschlagen ausgesetzt und wollte nun den Kampf um den Stammplatz links in der Viererkette aufnehmen.

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Seiner Hauptaufgabe in der Defensive kam Mittelstädt routinemäßig nach, bügelte beispielsweise in der 66. Minute in einem Laufduell eine etwas zu zaghafte Zweikampfführung von Mathew Leckie aus. Im Spiel nach vorne klebte er nicht mehr so sehr an der Seitenlinie wie noch Marvin Plattenhardt in der ersten Halbzeit und konnte die sich ihm bietenden Räume gefährlicher bespielen. Auffällig oft griff der 23-Jährige dabei zum einem Stilmittel, dass zu Willy Sagnols Zeiten beim FC Bayern Hochkonjunktur hatte. So ergab sich die große Chance für den nachsetzenden Daishawn Redan nach einer abgefälschten Halbfeldflanke.

Diese Tormöglichkeit bestärkte Mittelstädt offenbar in seiner Vorgehensweise, sodass der Linksverteidiger auch in der Folge noch das eine oder andere Mal in bester Willy Sagnol-Manier zur Halbfeldflanke griff und damit gefährliche Chancen kreierte. Auch abseits davon präsentierte er sich im Offensivspiel ideenreicher und kombinationssicherer als zuvor noch Plattenhardt, der allerdings auch keinen spielfreudigen Torunarigha neben sich wusste.

Sehenswert auch noch Mittelstädts technisch versierte Volleyflanke in der 61. Spielminute aus dem eigenen Strafraum die ganze Seitenlinie entlang auf den startenden Redan, der schlussendlich aber im Laufduell den Kürzeren zog.

Maxi Mittelstädt wusste in Halbzeit zwei zu überzeugen. Dabei kamen ihm neben dem aktiveren Hertha-Mittelfeld auch leichte Ermüdungserscheinungen in der Ajax-Abwehr zugute, die er allerdings auch klug ausnutzte. Im engen Kampf um den Stammplatz auf der Linksverteidiger-Position konnte er sich so aber einen kleinen Vorteil gegenüber Plattenhardt erarbeiten.

Und dann war da noch:

Karim Rekik, der  sich in der 44. Minute nach einem zu riskanten Pass von Schwolow sehenswert per Hackentrick gegen zwei Ajax-Stürmer durchsetzen konnte, sonst aber wie der Rest des Hertha-Teams in Halbzeit eins ziemlich ideenlos im Spielaufbau wirkte. Defensiv agierte der Niederländer gemeinsam mit Partner Niklas Stark dabei durchaus solide, in der Offensive verzeichnete er die beste Hertha-Chance in Minute 35, als  Ajax-Keeper Maarten Stekelenburg an einer Ecke von Matheus Cunha vorbeisegelte, Rekik unter Bedrängnis den Ball aber per Aufsetzer über das verwaiste Tor bugsierte.

Deyovaisio Zeefuik, der anders als noch gegen die Kölner keine nennenswerten Akzente in der Offensive setzen konnte – was aber auch an der schwachen Performance von Vordermann Dodi Lukébakio lag. Zeefuik verursachte in der elften Minute zwar den Freistoß, der zum 1:0 führte, bügelte dabei aber eigentlich eher einen vorangegangen Fehler von Tousart aus. In der Defensive zeigte sich der Neuzugang insgesamt wieder grundsolide, obwohl er auch mal die Hacken seines Gegenspielers zu Gesicht bekam.

Rune Jarstein, der in der 52. Minute einen Schuss aus dem Strafraum noch gerade an den Pfosten lenken konnte und im Nachschuss dann den Torschützen zum 1:0 Zakaria Labyad derart bedrohlich angeschaut haben muss, dass dieser den Ball aus wenigen Metern haushoch über das leere Tor jagte.

Jordan Torunarigha, der in der zweiten Hälfte mit seinen punktgenauen, riskanteren Pässen zeigte, was Hertha in der ersten im Spielaufbau gefehlt hatte. Wie üblich ließ er es sich auch nicht nehmen, einige Male das Heft des Handelns selbst in die Hand bzw. in den Fuß zu nehmen und per Dribbling bis tief in die Amsterdamer Hälfte vorzustoßen, um dann einen öffnenden Pass zu spielen. Torunarigha fehlte auch im ersten Testspiel noch – und wie. Aus der Startelf nicht wegzudenken.

Daishawn Redan, der sich wie auch schon gegen Viktoria Köln sehr bemüht und umtriebig zeigte und sich ein paar vielversprechende Angriffe selbst erarbeitete. Dabei vereitelte er per unfreiwilliger Hackenabwehr einen Angriff in der 75. Minute selbst und agierte auch sonst öfters unglücklich in den entscheidenden Situationen. Die beste Hertha-Chance in Durchgang zwei verzeichnete in der 59. Minute dennoch der nimmermüde Stürmer aus der Ajax-Jugend, als er bei einer abgefälschten Flanke aus dem linken Halbraum von Maxi Mittelstädt nachsetzte, tatsächlich vor Ajax-Torwart Stekelenburg an den Ball kam und die Kugel an den Außenpfosten setzte.

Ondrej Duda, der sich wie schon im letzten Test nominell auf der Zehn vergnügen durfte, aber eigentlich überall auf dem Platz anzufinden war und insbesondere mit Javairo Dilrosun und Arne Maier einige schnelle Passkombinationen auf den Rasen zauberte. Seine Volleyabnahme in der 90. Minute nach einer abgewehrten Hertha-Ecke setzte den Schlusspunkt unter die 0:1-Niederlage gegen die Niederländer.

Herthas Aufstellungen

1. Halbzeit: Schwolow – Zeefuik, Stark, Rekik, Plattenhardt – Darida, Tousart – Lukébakio, Cunha, Ngankam – Piątek

2. Halbzeit: Jarstein – Pekarik, Dardai, Torunarigha, Mittelstädt – Ascacíbar, Maier – Leckie, Duda, Dilrosun – Redan

[Titelbild: IMAGO]

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – Viktoria Köln

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – Viktoria Köln

Es geht wieder los. Endlich! Endlich? Die Aussicht auf weitere Bundesligaspiele vor leeren Rängen lässt anders als in bisherigen Sommerpausen nicht unbedingt das Wasser im Munde zusammenlaufen, doch die Welt dreht sich weiter und König Fußball regiert noch immer. So stand am Freitagnachmittag auch für unsere Hertha in Vorbereitung auf die Saison 2020/21 das erste (externe) Testspiel an. Gegner im Amateurstadion war die Viktoria aus Köln.

Und wie immer heißt Vorbereitung und Transferphase auch neue und altbekannte Gesichter auf dem Platz begrüßen – einige haben wir für euch bei diesem Damenduell in den Fokus genommen.

Deyovaisio Zeefuik – Die Lösung auf rechts?

Der niederländische Rechtsverteidiger kam in der Sommerpause nach längerem Hickhack vom FC Groningen und soll die bisherige Schwachstelle in der Viererkette beheben. Und nach zaghaften Anfangsminuten zeigte „Deyo“ auch wofür man ihn geholt hat. Im Zusammenspiel mit Dodi Lukébakio schaltete sich der Abwehrmann mehrmals mit in die Offensive ein und konnte mit seiner Schnelligkeit den Kölner Linksverteidiger vor Probleme stellen.

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Zwar fehlte ihm bei seinem Flankenversuch in der 15. Minute noch ein wenig die Übersicht, doch schon in Minute 29 wurde es nach einem Doppelpass mit Lukébakio gefährlich bis ihn schlussendlich ein eigener Stolperer stoppte. Zwei Zeigerumdrehungen später war der Niederländer schon wieder am rechten Kölner Strafraumeck unterwegs und brachte mit einem schönen Pass in den Rückraum Krzysztof Piątek in Position, der sich aber ein wenig festlief. Schnurstracks nahm sich „Deyo“ selbst der Sache an, setzte nach und konnte die Chance am Leben erhalten, wenngleich Piąteks anschließende Flanke auf Jessic Ngankam zu ungenau kam.

Vor defensive Aufgaben wurde Zeefuik zu keiner Zeit gestellt, da werden naturgemäß ganz andere Kaliber auf ihn zukommen. Aber die angekündigten Offensivläufe, die Hertha in der letzten Post-Lazaro-Saison so vermisst hat, blitzten schon jetzt immer wieder auf und wurden im Laufe der Halbzeit immer koordinierter und vielversprechender. Trainer Bruno Labbadia war mit seinem neuen Rechtsverteidiger durchaus zufrieden, monierte aber das Zusammenspiel mit Lukébakio: “Das lag aber zum Teil auch an Dodi, weil er sich nicht gut bewegt und zu wenige Räume aufgemacht hat. Hinten hat Deyo seinen Laden im Griff, das Spiel nach vorn müssen wir entwickeln.”

Der Mann hat jedenfalls Lust auf Ausflüge und dabei reden wir nicht vom Sonntagspicknick. Es wird spannend, wie er sich in den nächsten Wochen und in der Bundesliga präsentieren kann.

Ondrej Duda – Neuer Trainer, Altes Glück?

Nach der starken Vorsaison kam Ondrej Duda in der Spielzeit 2019/20 nicht mehr wirklich zum Zug und „floh“ im Winter vor Renovator Klinsmann, der bei seiner „Fußballidee“ keine Verwendung mehr für den Slowaken fand, zum englischen Abstiegskandidaten Norwich City. Nachdem Norwich schließlich auch rechnerisch sicher den Gang in die englische Zweitklassigkeit antreten musste, kam Duda vorzeitig von der Leihe zurück, um rechtzeitig mit Hertha in die Vorbereitung zu starten und sich unter dem für ihn neuen Trainer Labbadia präsentieren zu können.

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Und so durfte er in der zweiten Halbzeit im 4-2-3-1 die Zehnerposition übernehmen und war dabei einer der auffälligsten Spieler. Anders als seine Kollegen in Halbzeit eins suchte er auch mal vor dem Sechzehner den Abschluss und war dabei in bester Duda-Manier in Minute 55 nach einem kleinen Haken und in der 83. Minute mit einem Volley nach abgewehrter Flanke äußerst gefährlich.

Auch sonst war der 25-Jährige überall präsent, holte sich Bälle wahlweise zwischen den Innenverteidigern oder auf der Linksaußen-Position ab und suchte immer wieder schnell den Weg in die Spitze, was in der 77. Minute mit dem Hackenpass auf Javairo Dilrosun im Strafraum fast zum Erfolg führte. Dessen Hackenverlängerung auf Daishawn Redan versiegte aber irgendwo in den Kölner Abwehrbeinen. Auch bei Duda sah Labbadia noch Verbesserungsbedarf – “Ondrej muss noch ein Stück präsenter werden und das Spiel im vorderen Drittel noch mehr leiten – und noch mehr Tempowechsel drin haben” – allerdings verbuchen wir das mal unter den Motivationstricks.

Denn insgesamt hinterließ Duda einen sehr ordentlichen Eindruck und zeigte sich in passabler Frühform. Es bleibt zu hoffen, dass Labbadia anders als Klinsmann Verwendung für den Hertha-Topscorer 2018/19 findet und Duda sich weiter mit Lust und Laune dem Konkurrenzkampf um die offensiven Positionen stellt. Vielleicht lässt sich ja einer der Teamkollegen dazu bewegen, Duda für zehn geschossene Tore eine frische Rolex in Aussicht zu stellen.

Arne Maier – Jetzt oder Nie

Herthas Top-Talent, das im Winter noch überraschend mit Wechselabsichten in die Schlagzeilen geriet und in der Rückrunde nach längerer Verletzungspause nicht so richtig in Tritt kam, durfte sich in der Startelf an der Seite von Santiago Ascacíbar als offensiver Part der Doppelsechs beweisen.

Im Wechsel mit dem Argentinier schob Arne Maier bei Spielaufbau des Drittligisten aus dem 4-2-3-1 vor bis auf den gegnerischen Sechser, um diesen ordentlich unter Druck zu setzen, sodass Hertha im Pressing teilweise im 4-1-4-1 auf die Kölner Defensivreihen zukam. Schon früh versuchte Maier das Spiel an sich zu reißen, forderte einige Pässe, war ruhig und souverän am Ball und spielte mehrere sehenswerte Seitenverlagerungen in die Spitze, wie in der 14. Minute, als sein gut getimter Ball von Torunarigha nicht gut kontrolliert werden konnte und so die Kölner Abwehr genügend Zeit zum Formieren bekam. Auch später blieb auffällig, dass Ascacíbar und Maier sich sowohl im Pressing als auch im eigenen Spielaufbau häufig abwechselten, wobei dem Herthaner Eigengewächs dabei die „spektakuläreren“, raumbringenderen Pässe überlassen blieben.

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Grundsätzlich funktionierte die Absprache und das Zusammenspiel auf der Doppelsechs ordentlich, Köln geriet aber durch die beiden nicht wirklich unter Druck, was vielmehr aber auch damit zusammenhängen mag, dass Matheus Cunha auf der 10 bis zur 40. Minute einen schwachen Auftritt hinlegte und sowohl offensiv als auch defensiv kaum etwas zustande brachte.

Arne Maier hingegen arbeitet sich so langsam aber sicher wieder an seine Form heran, die ihn vor seiner Verletzung im Frühling 2019 zum Stammspieler bei Hertha machte. Die Verantwortlichen um Michael Preetz, Arne Friedrich und Labbadia scheinen ihm aufgezeigt zu haben, mit ihm weiter geduldig auf seine Topform hinarbeiten zu wollen und in ihm noch immer ein wichtiges Puzzleteil für Herthas Zukunft zu sehen. Zumindest sind keine neuen Abwanderungsgedanken publik geworden, die anderes vermuten lassen.

Nichtsdestotrotz steht Maier vor einer wichtigen Saison. Es liegt an ihm, trotz seines noch jungen Alters jetzt den nächsten Schritt zu gehen und den Talent-Status abzustreifen, um sich bei Hertha zu etablieren und vielleicht auch für größere Vereine interessant zu machen, wie es sein Karriereplan wohl vorsieht. Sofern er verletzungsfrei bleibt, könnte er trotz der großen Konkurrenz im Mittelfeld und den Transfergerüchten um einen weiteren zentralen Mittelfeldspieler genau diesen Schritt gehen und dem Spiel der Hertha neben einem defensiveren Abräumer wie Ascacíbar oder Lucas Tousart offensiv seinen Stempel aufdrücken.

Mit Labbadia hat Arne Maier einen selbsterklärten Förderer der Jugend an der Seitenlinie. Die oft zitierte Tür steht also auf – und Maier muss durch – jetzt oder vielleicht nie.

Und dann war da noch:

Dodi Lukébakio, der mit seinen Dribblings in Halbzeit eins für die meisten der wenigen kreativen Offensivmomente im letzten gegnerischen Drittel sorgte. Das Zusammenspiel mit Neuzugang Zeefuik hakte noch hier und da, dieses Duo sollte man aber aufgrund der immensen Dynamik im Auge behalten. In der 41. Minute drosch er die Kugel nach Vorarbeit von Cunha frei vor Mielitz zum 1:0 ins kurze Eck.

Matheus Cunha, der mit seiner ersten gelungenen Aktion direkt das Tor von Lukebakio vorbereitete. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte traf er dann nach Vorlage von Piątek beinahe selbst. Insgesamt dieses Mal trotzdem weniger Genie als Wahnsinn.

Alexander Schwolow, der mit einer nahezu 100 %-igen Passquote bestach. Seine Torwarthandschuhe hätte er für den Einsatz aber zuhause lassen können.

Daishawn Redan, der stets bemühte Stürmer, der sich in der 79. Spielminute nach starkem Labbadiola’schem Pressingballgewinn durch Dilrosun über die Zwischenstation Leckie mit dem 2:0-Schlusstreffer in die Torschützenliste eintragen durfte.

Lucas Tousart, der dritte „Leihrückkehrer“, der defensiv kaum gefordert wurde, offensiv mit einigen Seitenwechseln seine Übersicht bewies und sich kaum anmerken ließ, dass er zurzeit vielleicht doch lieber gegen Juve und ManCity spielen würde. Ein ordentlicher Ersteindruck, auch aufgrund des Faktes, dass der Franzose zuvor vier Monate nicht mehr Fußball gespielt hatte. Sein erwachsenes Spiel und der Drang, auch mal in den gegnerischen Strafraum zu stürmen, gefielen.

[Titelbild: IMAGO]