Weeste noch als Tor-Panther Marko Pantelic den Bundesliga-Dschungel unsicher machte?

von Apr 18, 2020

Weeste noch…als Marko Pantelić, der Berliner Tor-Panther den Bundesliga-Dschungel unsicher machte? Der langhaarige Stürmer mit Pocahontas-Gedächtnis-Haarband? Der serbische Starstürmer, der für Hertha in 114 Spielen durch die Strafräume schlich? Der, mit dem unvergleichlich lässigen und technisch anspruchsvollen Außenristschuss? Er war von 2005 bis 2009 bei unserer alten Dame der Stürmerstar. Einer, wegen dem man gerne ins Stadion ging. Nicht nur, weil er Tore versprach (es waren exakt 45 Tore und 21 Torvorlagen). Er war ein Schlitzohr und brachte die Zuschauer auf den Rängen das ein ums andere Mal zur Weißglut oder zum Lachen.

Die Legende

Eine der Lieblingsszenen vieler Fans, ist Pantelics legendäre Auswechslung beim Spiel gegen den HSV (damals noch Bundesliga-Dino) in Hamburg: Wir schrieben erst den 3. Spieltag der Saison 2006/2007. In der 88. Minute wollte Hertha-Trainer Falko Götz ein paar Minuten von der Uhr des Schiedsrichters nehmen und wechselte Abwehrspieler Christopher Samba für Pantelić ein. Kurz vor dem Ende des Spiels, beim Spielstand von 1:1. Der Serbe erblindete kurz, als der vierte Offizielle das Schild mit seiner Rückennummer 9 in die Luft hielt. Erst als er von den Mannschaftskollegen lächelnd darauf aufmerksam gemacht wurde, machte er sich gemächlich in Richtung Seitenlinie auf. In feinster Pantelić-Manier beklatsche er langsam und ausgiebig das gellend pfeifende Publikum in Hamburg. Als dann der damalige Schiedsrichter Herbert Fandel eine Gelbe Karte wegen Zeitspiel zeigte, verbeugte sich das serbische Schlitzohr vor ihm und verließ den Platz. Wer damals bei dieser Szene nicht schmunzeln musste, war entweder humorlos oder ein HSV-Fan.

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Der Panther polarisierte. Eines kann man ihm jedoch nicht vorwerfen: Langeweile und fehlende Motivation. Er gab immer alles, war giftig und lebte den Verein. Er fühlte sich wohl an der Berliner Luft und bei Hertha, das merkte man. Er spielte zu der Zeit, als die Ära von Marcelinho bei Hertha langsam endete. Als die hoffnungsvollen Talente Kevin-Prince-Boateng und Patrick Ebert in die erste Mannschaft rückten und im Mittelfeld wirbelten. Als der technisch beschlagene Yildiray Bastürk das Spiel lenkte, unterstützt vom brasilianischen Nationalspieler Gilberto.

Damals sicherte Pál Dardai das Spiel vor der Abwehrreihe ab. Auch diese war mit den Routiniers Josip šimunić und Nationalverteidiger Arne Friedrich hervorragend bestückt. Die Eigengewächse Malik Fathi und Sofian Chahed komplettierten den Defensivriegel. Er war die bislang vielleicht letzte große Attraktion Herthas. Der Serbe brachte es von 2005 bis 2009 auf 66 Torbeteiligungen in 114 Spielen. Er war im Schnitt also im mindestens jedes zweite Spiel an einem Tor beteiligt. Das ist eine überragende Quote!

“I have a pain in my back”

In einem Interview mit rbb24aus dem vergangenen Dezember verriet Marko Pantelić: „Ich schaue jedes Spiel der Hertha und bedauere es sehr, in welcher Situation sie sich momentan befinden, spielerisch und was den Tabellenplatz angeht. Hertha verdient auf jeden Fall eine bessere Platzierung und bessere Ergebnisse, wenn man sich die Struktur des Klubs anschaut. Aber es ist nicht einfach in dieser Saison … Der Klub verdient es, an der Spitze der Bundesliga mitzumischen. Mit einer klaren Vision und einer Idee kann es die Hertha zu einem der Top-Vier-Klubs der Bundesliga bringen. Ich bin mir sogar sicher, dass der Klub mit einer klaren Strategie und Vision innerhalb von vier Jahren sogar den Meistertitel holen könnte.“

Für diesen augenzwinkernden Größenwahn lieben wir unseren Marko noch immer. Berlin war besonders für ihn und mit vier Jahren die mit Abstand längste Profi-Station von Pantelić. „Ich habe viele Freunde in Berlin und verbringe gerne Zeit in der Stadt. Es ist ein bisschen so, als wäre ich nie weg gewesen.“Man nimmt ihm diese Aussage ab. So schlitzohrig er einem vorkam, so ehrlich war er auch. Ein Stück Marko Pantelić ist bis heute bei Hertha geblieben. Fabian Lustenberger plauderte aus, dass Marko Montags manchmal nicht die größte Lust hatte, zu trainieren. Deshalb meldete er sich mit Rückenschmerzen ab. “Trainer, I have a pain in my back” ist seither bei Hertha ein geflügeltes Wort …

Eine ungewöhnliche Karriere

Dabei nahm seine Karriere so gar nicht den Verlauf, wie man es für einen Spieler seiner Klasse gedacht hätte. Im Alter von 21 Jahren hatte er schon drei Mal seine aktive Karriere beendet. Erstmals hing er die Schuhe an den Nagel, weil er vor dem heimischen Bürgerkrieg nach Griechenland flüchtete. Dort sollte das große Talent nach kurzer Zeit die griechische Staatsbürgerschaft annehmen. Die Idee dahinter war es, ihn für die griechische Nationalmannschaft spielen zu lassen. Er lehnte ab. Das war das erste Mal, als er mit dem Fußball aufhören wollte.

Na, wer entdeckt den jungen Pantelic? (Foto: JACQUES DEMARTHON/AFP via Getty Images)

Dann rief plötzlich ein Berater aus Paris an. Er bekam ein Probetraining bei PSG angeboten! Er unterschrieb kurz darauf einen Vertrag. Jedoch durfte er nach einem Rechtstreits mit seinem Verein in Griechenland erst nach zehn Monaten spielen. In Paris fand er nicht das erhoffte Glück und stand vor einem Wechsel zum FC Porto.

Ein unschöner Zwischenfall verhinderte jedoch ein Engagement in Portugal: Seine alte Liebe und Jugendverein Roter Stern Belgrad rief nach Markos Hilfe. Man brauchte seine fußballerischen Qualitäten direkt! Er überlegte nicht lange, sagte Porto ab und machte sich direkt auf nach Belgrad. Nun war plötzlich eines der Vorstandsmitglieder gegen ein Engagement von Pantelić. Marko war vollkommen gedemütigt. Er saß niedergeschlagen in Belgrad und wollte erneut dem Profigeschäft den Rücken kehren.

Einmal Spanien und zurück

Nur sein Vater trieb ihn weiter an, nicht aufzugeben. Dann kam ein Angebot aus der Schweiz. Ein Kontakt von Roter Stern brachte ihn beim FC Lausanne unter. Bei dem Club am Genfer See wusste Marko dann erneut zu überzeugen. Ihm gelangen 14 Tore in 21 Spielen. Diese imposante Quote brachte ihn bei Celta Vigo auf den Zettel. Er folgte dem Angebot und wechselte im Jahr 1999 nach Vigo an die Atlantikküste. Er kam aber aufgrund der Ausländerregelung in Spanien nicht zu einem einzigen Einsatz. Ein Leihgeschäft nach Österreich platzte und so wurde nach nur einem Jahr von Celta Vigo entlassen. Erneut ging er enttäuscht und desillusioniert nach Serbien zurück. Er wollte seine Karriere nun ein für alle Mal beenden. Zum dritten Mal. Mit gerade einmal 21 Jahren. Er fing an, ein wenig Futsal zu spielen und ging ab und an als Zuschauer ins Stadion.

Doch wie läuft es bei jungen Spielern – Er konnte dem Geruch von nassem Rasen und dem rollenden Leder nicht widerstehen und fing wieder an Fußball zu spielen. Über kleinere Vereine wie Smederevo ging es dann letztendlich 2003 wieder zu seinem Jugendverein und seiner großen Liebe Roter Stern Belgrad, die ihn einst so enttäuschte. Das alles schien eine Runde Geschichte zu werden. Dann flatterte 2005 das Angebot von Hertha BSC hinein. Der Rest ist Geschichte.

Hilfe für die Ukraine!

Um den Menschen in der Ukraine zu helfen, hat sich die Gruppa Süd entschlossen, Geld zu sammeln und damit die Menschen in und um die Kriegsgebiete zu unterstützen. Davon werden speziell Hygieneartikel für Frauen und Babys sowie haltbare Lebensmittel gekauft. Die Spenden werden direkt an die polnisch-ukrainische Grenze geliefert, sodass den Menschen unmittelbar geholfen wird.

ÜBER DEN AUTOR

Marc Schwitzky

Marc Schwitzky

Erst entfachte Marcelinho die Liebe zum Spiel, dann lieferte Jürgen Klopp die taktische Offenbarung nach. Freund des intensiven schnellen Spiels und der Talentförderung. Bundesliga-Experte und Wortspielakrobat. Gründungsmitglied & Chefredakteur.

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