Herthaner im Fokus: Nullnummer vor dem Saisonhighlight

Herthaner im Fokus: Nullnummer vor dem Saisonhighlight

So richtig entscheiden konnte man sich am Samstagabend nicht: war das 0:0 gegen den VfL Wolfsburg jetzt ein Rückschlag oder eher eine leichte Verbesserung? Am Ende holt Hertha Auswärts immerhin einen wichtigen Punkt und hält den dünnen Abstand zum Tabellenkeller. Da bei dieser Partie gerade in der Offensive wenig passiert, werfen wir einen Blick auf Herthas Hintermannschaft.

Schwolow – Endlich wieder weiße Weste

Die Kritik an Alexander Schwolow wurde zuletzt etwas lauter. Zu viele Gegentore, zu wenig Spiele zu Null. Dabei hatte es Herthas Keeper diese Saison mit seiner Defensive nun wirklich nicht leicht und wurde immer wieder in Stich gelassen, wie auch am vergangenen Wochenende im Heimspiel gegen den 1. FC Köln.

Wahr ist: gerade die Konkurrenz auf dieser Position ist aktuell eher gering. Rune Jarstein trainiert noch individuell und Oliver Christensen fällt aufgrund einer Covid-19 Infektion aus. So saß am Samstag Nils Körber als Ersatzkeeper auf der Bank. Doch große Sorge sollte nicht aufkommen: Schwolow zeigte sich von Beginn an besonders aufmerksam und hellwach.

Foto: Stuart Franklin/Getty Images

Das extrem hohe Pressing des Heimteams zum Beispiel erkannte der Keeper früh und wechselte von kurzen zu langen Abstößen, um seine Mannschaft zu entlasten. Zudem war er bei den Wolfsburger Torchancen zur Stelle, erlaubte sich keine Fehler. Auch beim Rauslaufen, wie in der 80. Minute gegen Dodi Lukebakio, bleib er konzentriert.

Ganz besonders Schwolow sollte sich darüber freuen, dass am Ende Hertha endlich wieder zu Null spielte. Es war nur das dritte Mal diese Saison, dass der 29-Jährige mit einer weißen Weste ein Bundesligaspiel zu Ende bringen konnte. Nur in den Heimspielen gegen Borussia Mönchengladbach (1:0) und Arminia Bielefeld (2:0) musste er nicht hinter sich greifen.

Maximilian Mittelstädt – „Under Pressure“

Bereits vergangenes Wochenende war Maximilian Mittelstädt bei uns im „Fokus“. Wie auch gegen Köln konnte der 24-Jährige in Wolfsburg Offensiv kaum Akzente setzen. Dieses Mal jedoch wurde er ganz besonders gefordert und musste gerade in der Anfangsphase hohe Konzentration und Nervenstärke beweisen.

Foto: Stuart Franklin/Getty Images

Die Offensive des VfL presste in den ersten 20 Minuten der Partie extrem hoch und lief Herthas Defensive früh an. Gerade Mittelstädt wurde von seinen Gegenspielern Baku und Steffen oft unter Druck gesetzt. Er durfte sich keinen Fehler erlauben. So ist es kein Wunder, dass er laut „Bundesliga.com“ der Spieler war, der am häufigsten unter Druck gesetzt wurde (ganze 48 Mal). Diesem Druck hielt Mittelstädt allerdings stand, gewann viele Zweikämpfe (17, bester Wert bei Hertha) und fing drei wichtige Bälle ab.

Im Ergebnis war die linke Seite der Blau-Weißen in der ersten Halbzeit deutlich weniger anfällig für Wolfsburgs Angriffe. Wie auch seine Mitspieler traute er sich im Laufe der zweiten Hälfte etwas mehr zu, hatte dabei jedoch genauso wenig Erfolg. Der Linksverteidiger lieferte insgesamt eine solide Leistung ab und hatte seinen Anteil daran, dass Hertha am Ende zu Null spielte.

Lukas Klünter – Einsatz in Notfalllage

Ob es viele gibt, die vor einigen Wochen darauf gewettet hätten, dass am 19. Spieltag Lukas Klünter in Herthas Startelf stehen würde, ist zu bezweifeln. Doch Herthas Personallage sorgte dafür: nach dem Wechsel von Deyovaisio Zeefuik und der kurzfristigen Covid-19 Infektion von Peter Pekarik stand nur noch ein gelernter Rechtsverteidiger zur Verfügung. Der 25-Jährige absolvierte im Auswärtsspiel in Wolfsburg die kompletten 90 Minuten.

Beeindruckend, wenn man bedenkt, dass er drei Monate aufgrund einer Schulter-Operation ausfiel, erst vor kurzem wieder ins Mannschaftstraining einstieg und sein letzter Startelf-Einsatz Mitte September war. „Ich kann meinem Körper in solchen Situationen nach Verletzungen vertrauen, auch nach dem Muskelbündelriss 2018 war ich recht schnell wieder fit“, sagte Klünter noch Anfang Januar zu seiner Rückkehr.

(Photo by TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images)

Dass die lange Verletzung nicht spurlos an ihm vorbei gegangen ist, merkte man allerdings zu Beginn der Partie. Herthas rechte Seite war besonders anfällig, gerade Jérôme Roussillon stellte Klünter vor großen Schwierigkeiten. Klünter selbst hatte Anfangs Probleme mit den Abständen, war oft ein Schritt zu spät oder zu weit vom Gegenspieler weg. Im Laufe der Partie steigerte er sich allerdings. So nahm Wolfsburgs Druck über die rechte Seite ab.

Der 25-Jährige hatte dann gegen Ende der Partie erneut Schwierigkeiten. Es war zu spüren, dass der Tank langsam leer wurde. So musste er öfter zu Fouls greifen und hatte am Ende Glück, nicht mit gelb-rot vom Platz zu fliegen. Mit 33,44 km/h war er immerhin der schnellste Spieler bei Hertha und ackerte unermüdlich auf der rechten Seite bis zum Abpfiff. Seine Rückkehr kommt zum richtigen Zeitpunkt, im Hinblick auf Herthas Personallage. Es bleibt zu hoffen, dass auch für Klünter die Rückrunde besser läuft als die Hinrunde.

Santi Ascacibar – Defensiv unermüdlich, Offensiv un-inspiriert

Wie die gesamte Mannschaft von Hertha BSC war auch von Santiago Ascacibar am Samstag offensiv wenig zu sehen. Zwar gab er zu Beginn der zweiten Halbzeit einen Schuss per Direktabnahme ab, dies war aber die einzige Aktion, die einen Hauch von Torgefahr mit sich brachte. Auch konnte er seine Mitspieler in der Offensive kaum in Szene setzen und fokussierte sich auf die Defensivarbeit.

Dies gelang ihm recht ordentlich: zwei Bälle konnte er abfangen und zwei weitere klären. Besonders auffällig war jedoch seine Passgenauigkeit: 87% seiner 73 Pässe fanden den richtigen Mitspieler (Höchstwert bei Hertha). Auch wenn diese meistens nach Hinten gespielt wurden, konnte er damit immerhin das Spiel beruhigen und vermied unnötige Ballverluste.

Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

In einzelnen Szenen zeigte er sich auch mal unkonzentriert und überhastet, wie in der 45. Minute, wo er mit beiden Beinen am Gegner vorbei grätschte und damit überspielt wurde. Auch bei Luftzweikämpfen konnte er in der Zentrale wenig Bälle behaupten – bei einer Körpergröße von nur 1,68m aber keine große Überraschung.

Der 24-Jährige Argentinier zeigte gegen Wolfsburg, warum er in solchen Spielen wertvoll sein kann. Es zeigte sich aber auch, dass das Duo Darida-Ascacibar im zentralen Mittelfeld nur sehr begrenzt dafür geeignet ist, durch die Zentrale eine Offensive anzukurbeln. Die Abwesenheit von Suat Serdar war dabei besonders stark zu verspüren.

[Titelbild: Stuart Franklin/Getty Images]

Eintracht Frankfurt – Hertha BSC: Bayern-Fluch oder Hertha-Herbstdepression

Eintracht Frankfurt – Hertha BSC: Bayern-Fluch oder Hertha-Herbstdepression

Die Länderspielpause hätte Hertha BSC etwas Ruhe bringen können. Doch spätestens am Dienstagabend, mit der Vertragsauflösung von Carsten Schmidt, war wieder große Aufregung zu spüren. Trotzdem läuft die Saison unaufhaltsam weiter und sowohl Fans als auch Mannschaft dürfen (oder müssen) sich bereits am Samstag wieder mit Fußball beschäftigen. Hertha BSC ist zu Gast bei Eintracht Frankfurt, und hat nur wenig Selbstvertrauen im Gepäck. Gebeutelt nach dem 0:6 Debakel in Leipzig und der Heimniederlage gegen den SC Freiburg steht die Elf von Pal Dardai wieder einmal unter Druck. Wir blicken auf die Kaderoptionen bei Hertha, auf Rückkehrer und Ausfälle sowie auf die Situation bei den Gastgebern.

Herthas Nationalspieler – ohne große Verluste

Auch wenn Länderspielpausen bei Fans nicht gerade beliebt sind, war es gerade für Stevan Jovetic und Krzysztof Piatek wichtig, dringend benötigte Spielpraxis zu sammeln. Herthas Kapitän Dedryck Boyata hingegen kam für Belgien nicht zum Einsatz. Dafür konnten Piatek und Ekkelenkamp durch eigene Treffer Selbstvertrauen tanken.

Wenn verletzungsanfällige oder kürzlich wieder genesene Spieler wie Boyata, Piatek oder Jovetic auf Länderspielreise sind, ist man als Hertha-Fan erst beruhigt, wenn die Spieler wieder gesund und fit zurück in Berlin sind. Dieses Mal kamen die Nationalspieler glücklicherweise ohne nennenswerte Verletzungen nach Hause.

Das wird insbesondere im Hinblick auf die Verletztenmisere der vergangenen Wochen guttun. So hat Pal Dardai in der Offensive deutlich mehr Optionen im Kader als noch vor einigen Spieltagen. Myziane Maolida feierte seine Rückkehr im Mannschaftstraining und dürfte sich Hoffnungen auf eine Einwechslung gegen Frankfurt machen.

Frage nach Herthas Defensive – Wer soll es richten?

Doch die Personalsituation in der Defensive bleibt suboptimal, auch wenn die Rückkehr von einigen Spielern im Mannschaftstraining schon bald zu erwarten ist. Für Jordan Torunarigha, Marton Dardai und Deyo Zeefuik sollte die Auswärtsfahrt noch keine Option sein. Auch Linus Gechter und Lukas Klünter werden fehlen.

Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images

Da gerade die Defensive in dieser Saison nicht funktioniert, bleiben die Sorgen im Hinblick auf die nächste Bundesligapartie dieselben. Hinzu kommt das Problem, dass es bei der „alten Dame“ vorprogrammierte Wechsel gibt. Spieler wie Boyata, Boateng oder auch Jovetic haben aktuell nicht 90 Minuten in den Beinen. Wenn diese Spieler also in der Startelf stehen, muss Herthas Trainerteam bereits drei feste Wechsel einplanen, und kann auf Verletzungen und taktische Umstellungen im Laufe der Partie weniger gut reagieren.

Doch wer überhaupt gegen Frankfurt startet, ist noch unsicher. Die vielen Ausfälle und taktische Umstellungen in den ersten Saisonspielen sorgen dafür, dass sich bisher keine zentrale Achse, geschweige denn eine Startelf etablieren konnte. Ob Herthas Chefcoach angesichts der Personallage in der Innenverteidigung weiter an einer Dreierkette festhält, ist fraglich.

Hertha mit wenig Selbstvertrauen – Boateng mit ehrlichen Worten

Doch Herthas Probleme liegen bekanntlich nicht nur auf individueller oder taktischer Ebene. Die letzten Wochen dürften das ohnehin niedrige Selbstvertrauen der Blau-Weißen nicht gerade gestärkt haben. Selbstvertrauen dürfte beim Gegner hingegen ein Stichwort sein. Die Eintracht konnte Zuhause in der letzten Partie den FC Bayern München bezwingen und gleichzeitig Hertha in der Tabelle überholen.

Immerhin zeigte sich Ex-Frankfurter Kevin-Prince Boateng in einer Medienrunde im Laufe der Woche nicht nur ehrlich, sondern auch verantwortungsbewusst: „Ich probiere alles, gebe Vollgas und gehe an meine Grenzen – körperlich und mental. Ich bin 24 Stunden dran. Ich schlafe manchmal nicht, wenn wir ehrlich sind, weil ich wirklich daran arbeite, was man besser machen kann.“

Zu seiner Rückkehr in alter Wirkungsstätte sagt der 34-Jährige: „Es ist ein Spiel, was wir gewinnen müssen, was wir gewinnen wollen. Wir können uns vor dem Spiel, nach dem Spiel umarmen, aber im Spiel wird es keine Freunde geben.“

Rückkehr zur Eintracht für Bobic – Frankfurt stabiler als Hertha

Boateng ist dabei nicht der einzige Herthaner, der aufgrund seiner Vergangenheit besonders gerne in Frankfurt gewinnen würde. Auch für Fredi Bobic sollte die Partie am Main einen besonderen Beigeschmack haben. Die Abwesenheit der Frankfurter Ultra-Szene am Wochenende wird ihn dabei wohl nicht gerade traurig machen.

Foto: Thomas Eisenhuth/Getty Images

Tabellarisch scheint die Eintracht in Reichweite zu sein. Doch ein Duell in Augenhöhe dürfte es eher nicht sein. Die Frankfurter haben zwar nicht den besten Saisonstart hingelegt, verloren jedoch nur ihre erste Partie gegen Borussia Dortmund. Anders als Hertha schaffte es die Eintracht sowohl gegen Wolfsburg als auch gegen Köln zu punkten. Die drei Punkte gegen Bayern waren die ersten für die Hessen.

Frankfurt musste mit einigen Problemen im Kader klarkommen, insbesondere mit Vertragsstreitigkeiten mit Amin Younes und Filip Kostic. Letzterer zeigte sich jedoch gegen den Rekordmeister treffsicher und wird auch gegen Hertha eine wichtige Waffe werden. So hat man das Gefühl, dass die “Adler” im Gegensatz zu Hertha nun ins Rollen kommen könnten. Dafür bräuchte es jedoch einen Heimsieg gegen die “alte Dame” – ob Hertha ihnen diesen Gefallen tut?

Kann sich Frankfurt vom „Bayernbesieger-Fluch“ lösen?

Viel Optimismus kann man als Anhänger*in Herthas aktuell nicht aufbringen. Ein Auswärtssieg in Frankfurt scheint erneut eine Herkules-Aufgabe zu sein. Dabei werden die kommenden Aufgaben nicht leichter. Hertha sollte also unbedingt punkten, um der „roten Zone“ der Tabelle fernzubleiben.

Foto: Adam Pretty/Getty Images

Gute Nachrichten für Hertha-Fans gibt es immerhin. Frankfurts Stürmer Rafael Borré muss noch spät in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag ein Länderspiel in Südamerika spielen. Ob er rechtzeitig zurück sein wird, und in welcher körperlichen Verfassung, ist unklar. Zudem ist die Offensive der Eintracht deutlich schwächer als im Vorjahr aufgestellt. Schließlich müssten die Hausherren auch noch hoffen, nicht vom „Bayernbesieger-Fluch“ getroffen zu werden: Teams, die den Rekordmeister überraschend schlagen, haben in den letzten Jahren regelmäßig im nächsten Spiel eine Niederlage kassieren müssen.

Fluch hin- oder -her: Dardais Mannschaft wird sich körperlich zeigen müssen, um gegen die physisch starken Frankfurter zu bestehen. Gerade im zentralen Mittelfeld wird vieles entschieden werden. Dort liegen die Hoffnungen der Blau-Weißen weiterhin auf Suat Serdar. Aber vielleicht hat sich Prince Boateng sein erstes Tor nach seiner Rückkehr gegen die Eintracht aufgehoben. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Titelbild: Alex Grimm/Getty Images

Myziane Maolida – Erst über-, dann unterschätzt

Myziane Maolida – Erst über-, dann unterschätzt

Gerade die wichtigste Baustelle im Hertha-Kader, die offensive Außenposition, sollte mal wieder im Sommer dringend verstärkt werden. Es kam…anders. Am Ende wurden einige Spieler auf dieser Position sogar abgegeben. Als Verstärkung holte das Team von Fredi Bobic zwei neue Spieler: Marco Richter und Myziane Maolida. Richter werden in Deutschland die meisten bereits kennen. Doch wer ist Herthas französischer Neuzugang? Was sind seine Stärken und Schwächen? Kann er die erhoffte Verstärkung für die Außenbahn werden? Was teilt er mit seinem neuen Sturmpartner Ishak Belfodil?

Zur Beantwortung dieser Fragen unterstützt uns Nico (@NaninhoJr06 auf Twitter), ein OGC Nice und Myziane Maolida-Kenner, der mit uns gemeinsam Herthas neue Nummer 11 bewerten wird.

Nicos kommunizierte mit uns auf Französisch. Seine Aussagen wurden von unserem Redakteur Chris frei übersetzt.

Frühes Profidebüt – Die Last der zu hohen Ablösesumme

Foto: IMAGO/FEP/Panoramic PUBLICATION

Bereits mit 15 Jahren wurde Myziane Maolida von Olympique Lyonnais entdeckt. Zu der Zeit spielte der gebürtige Pariser in der Jugend vom ACBB, einem Ausbildungsverein in der französischen Hauptstadtmetropole. Ein Verein, den er mit seinem neuen Offensivpartner bei Hertha BSC teilt: Ishak Belfodil spielte ebenfalls von 2006-2007 in Boulogne-Billancourt.

In seiner Heimat galt Maolida schnell als großes Talent, machte in der UEFA Youth League für Lyon besonders auf sich aufmerksam. In seiner ersten Profi-Saison mit gerade 18 Jahren erzielte er auch sein erstes Profi-Tor, sammelte Einsätze in der Europa League und fiel besonders durch seine überdurchschnittlich gute Technik auf.

Nur rund 20 Profi-Ensätze absolvierte er für Lyon, bevor er im Sommer 2018 von OGC Nice verpflichtet wurde. Der Verein aus dem Süden Frankreichs gab sogar zehn Millionen für den damals 19-Jährigen aus, deutlich über Marktwert (zur damaligen Zeit 4,5 Mio. € laut transfermarkt.de).

„Er kam in einem komplizierten Kontext, da der Verein viel in ihn investierte, als es der Mannschaft gerade an Offensivtalenten mangelte.“, erzählt uns Nico. „Daher wurde ihm gleich nach seiner Ankunft viel Verantwortung übertragen, obwohl er noch ganz am Anfang seiner Profi-Laufbahn stand.“

Mentaler Druck und Verletzungspech – die schwere Zeit von Maolida

Foto: IMAGO/Norbert Scanella/Panoramic PUBLICATION

Mit dem riesigen Druck, sofort abliefern zu müssen, kam der gebürtige Pariser nicht zurecht. Seine lässige Art sorgte außerdem schnell dafür, dass ihn einige Zuschauer als Ziel für Pfiffe und Kritik nahmen, und das trotz seines noch jungen Alters. Eine große mentale Herausforderung also für Maolida, gleich zu Beginn seiner Zeit am Mittelmeer.

Ob es an der damaligen mentalen Verfassung des Spielers lag oder an einer Verletzungsanfälligkeit, ist unklar. Doch seine Spielzeiten in Nizza wurden zu einem Teufelskreis. Aufgrund von mehreren Verletzungen kam er in seiner ersten Saison nur zu 14 Einsätzen in der Ligue 1 (vier Torvorlagen). So kam er nie in Schwung, fing an an sich zu zweifeln. Der Rhythmus fehlte komplett.

Auch sein junges Alter und die fehlende Erfahrung waren ihm sicher keine Hilfe. Gerade die physische Vorbereitung, die Arbeit im Training, nahm der junge Flügelstürmer Anfangs nicht ernst genug. In einem langen Interview mit „France Football“ zeigte er sich diesbezüglich selbstkritisch und erwähnte als Beispiel das Aufwärmen vor der Einwechslung, die körperliche Vorbereitung vor dem Spiel, die man als junger Spieler leider oft vernachlässige.

Lernprozess – Verletzungsprävention und hartes Training

So musste er erstmal lernen, richtig im Training zu arbeiten, sich auch mal zu bremsen und vor allem den eigenen Körper richtig einzuschätzen. Er wurde auch zum richtigen Arbeiter im Training, was seinen Trainern besonders gefiel, wie uns Nico erzählt: „Trotz der Schwierigkeiten, die er teilweise in den Spielen erlebte, konnte er das Vertrauen seines Trainers (Patrick Vieira oder Adrian Ursea) behalten, weil er im Training besonders gut arbeitete, fokussiert war und sich immer größte Mühe gab.“

Was die Aussprache seines Namens angeht: so half Herthas Neuzugang den Hertha-Fans direkt im ersten Video bei Hertha TV.

Schritt für Schritt befreite sich so Maolida von der Angst, sich zu verletzen und fand etwas mehr Mut, seine Fähigkeiten auf dem Platz zu zeigen. Er wurde professioneller gerade im Hinblick auf Verletzungsprävention. In der besonderen Saison 2019/2020 kam er zu mehr Einsätzen (18 Einsätze, 1 Tor, 2 Torvorlagen), bevor die Saison in Frankreich frühzeitig abgebrochen wurde.

Trotz einer weiteren Verletzung im Winter lief die Saison 2020/21 schließlich für den mittlerweile 22-Jährigen deutlich erfolgreicher. Mehr Einsatzminuten und drei eigene Tore konnte er beitragen. Die Saison endete leider ebenfalls aufgrund einer Adduktoren-Operation frühzeitig: diese zog Maolida vor, um für die neue Saisonvorbereitung rechtzeitig wieder fit zu sein. Doch die neue Spielzeit sollte er nicht mehr in Nizza bestreiten.

Thierry Henry als Vorbild – Schnelligkeit, Technik und Athletik

Foto: IMAGO/FEP/Panoramic PUBLICATION

So schnappte sich Hertha BSC am Ende den Spieler, für etwa vier Millionen Euro, bei einem Marktwert von sieben Millionen Euro. Diesmal sollte Maolida also nicht mehr mit überhöhten Ablösen konfrontiert sein. Doch was zeichnet den Spieler, dessen Vorbild ein gewisser Thierry Henry ist, aus? Nico beschreibt die neue Nummer 11 wie folgt:

„Myziane ist ein schneller, kräftiger und athletischer Spieler. Er hat auch eine gute Technik, die es ihm erlaubt, seine Gegenspieler im 1 gegen 1 auszuspielen. Sein Profil ist besonders interessant, weil er in der Lage ist, seine Geschwindigkeit und seine Größe zu nutzen, um die Tiefe zu suchen.“ Einer für die linke Außenbahn, der auch im 4-3-3 System in die Spitze rutschen kann. Als seine Stärken nennt Maolida selbst “das Dribbeln und das Kombinieren mit den Kollegen – und ich bin kreativ”.

Der Spieler sei außerdem nie negativ aufgefallen, auch nicht in den schwierigen Phasen: „Was sein Verhalten angeht: so habe ich nie negative Kommentare über ihn gehört.“ Sagt Nico. „Er hat einen lässigen Stil, was jedoch nicht bedeutet, dass er nicht rennt oder sich nicht anstrengt. Er ist eher ein diskreter Mensch, aber immer sehr nett und zugänglich für die Fans.“

Wenn Hertha-Fans „lässigen Stil“ in Verbindung mit Flügelspielern hören, denken viele sofort an Dodi Lukebakio. Doch im Unterschied zum Belgier weist Herthas Neuzugang gerade die Stärken auf, die auch Pal Dardai sucht. Die unermüdliche Arbeit im Training und auf dem Platz sowie die Bereitschaft, sich für sein Team einzusetzen und dabei seinen Ego zur Seite zu lassen.

Maolida – ein Transfer ohne die Last der hohen Ablöse

Foto: IMAGO/FEP/Panoramic PUBLICATION

Doch wenn er solche Qualitäten aufweist, warum wollte ihn Nizza loswerden? Gerade durch die Übernahme durch ihren britischen Investor konnte der Verein große Summen investieren und sich besonders offensiv mit Spielern wie Justin Kluivert, Calvin Stengs, Amine Gouiri, Kasper Dolberg oder auch Andy Delort verstärken.

„Es stimmt, dass es in Nizza jetzt viel Konkurrenz im Offensivbereich gibt“, bestätigt uns Nico. Dies sei aber nicht der einzige Grund für den Wechsel von Maolida. „Ich denke es war einfach wichtig für ihn, den nächsten Schritt zu gehen. Er befand sich in einer Negativspirale und bei ihm lief bei Nice einfach einiges in die falsche Richtung. Er war auch das Ziel einiger Fans, die ihn verbal angriffen.“

Anders als beim Wechsel zu Nizza kann der 22-Jährige mit anderen Vorzeichen in Berlin loslegen. Die Belastung, einer riesigen Ablösesumme gerecht werden zu müssen, ist der Franzose nun endlich losgeworden. Für vier Millionen Euro kann man schließlich nicht den neuen Mbappe erwarten.

Herthas neuer „Fantasie-Spieler“

Maolida kommt nicht mehr als ein hochgelobtes Talent, sondern als ein Spieler, der einen frischen Start gebraucht hat, um sein Potenzial endlich zeigen zu können. Mit mehr Selbstvertrauen wird er sich auch in der Bundesliga zeigen können und hoffentlich auch erfolgreich sein. Sein neuer Coach Pal Dardai zeigte sich jedenfalls eher optimistisch: „Er ist ein Fantasie-Spieler, wir haben eine Idee mit ihm. Ich hoffe, dass wir das Maximum aus seiner Kapazität rauskitzeln können.“

Das Schlusswort zu Maolida möchten wir an dieser Stelle unserem Gast überlassen:

„Ich wünsche ihm von Herzen alles Gute in Berlin und dass es ihm gelingt, wieder in die Spur zu finden. (…) Liebe Hertha-Fans, heißt Myziane Maolida willkommen, unterstützt ihn und schenkt ihm Vertrauen, er wird es euch auf dem Platz zurückgeben.”

“Auf jeden Fall habt ihr einen neuen Hertha-Sympathisanten gewonnen. Ich habe mir sein Trikot bereits bestellt.“

Titelbild: IMAGO

FC Bayern München – Hertha BSC: Do it again, Dodi!

FC Bayern München – Hertha BSC: Do it again, Dodi!

Was gibt es Schlimmeres, als wenn Hertha am Wochenende knapp im Heimspiel verliert? Richtig: wenn das nächste Spiel dann auswärts in München stattfindet. So droht der Mannschaft von Pal Dardai einen Alptraum-Start von null Punkten aus drei Spielen. Dabei präsentierte sich die „alte Dame“ unter Dardai fast immer gut bei den Bayern. Warum auch am Samstag die Chancen auf einen Punktgewinn beim Favoriten noch intakt sind und was für Argumente dafür sprechen, wollen wir genauer besprechen.

Um den Rekordmeister dabei besser einzuschätzen, stand uns wieder Justin Kraft, Autor, Journalist und Podcaster (u.A. von FC-Bayern-Blog Miasanrot.de) zur Seite.

Neuer Trainer – alte Dominanz

Wir wollten zunächst von Justin wissen, ob bereits Tendenzen zu erkennen sind, was der neue Chefcoach Julian Nagelsmann verändern wird: „Tendenzen schon, aber mehr ist es zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Nagelsmann betonte auch selbst oft, dass er vieles von dem, was die Bayern zuletzt ausgezeichnet hat, erstmal übernimmt. Für größere Veränderungen war die Sommervorbereitung viel zu kurz – die meisten Schlüsselspieler standen erst acht Tage im Training, als das Auftaktspiel gegen Gladbach stattfand.“

Foto: IMAGO

Dennoch seien kleinere Anpassungen bereits jetzt zu beobachten, erklärt uns unser Experte: „So positioniert sich vor allem der rechte Außenverteidiger nicht nur recht tief, sondern auch sehr zentral, sodass mit und gegen den Ball eine hohe Kompaktheit entsteht. Obwohl die Bayern nach wie Gegentore kassieren, stehen sie damit sicherer. Auch im Angriffspressing schieben die Außenverteidiger seltener so hoch wie noch unter Flick. Dadurch wirkt das Pressing stabiler.“

„Ansonsten ist vieles noch recht ähnlich.”, sagt schließlich Justin. Tatsächlich ist auch unter Neutrainer Nagelsmann die Ballbesitzquote extrem hoch, die Dominanz im Spiel oft erdrückend. Auch wenn es noch einige Baustellen gibt, scheint sich der Rekordmeister auch diese Saison wieder in jedem Spiel als absoluter Favoriten zu präsentieren.

FC Bayern München noch nicht im Rhythmus – Herthas Chancen

Dabei lief es sowohl in der Vorbereitung als auch im Saisonstart nicht optimal. Nur ein Unentschieden im ersten Saisonspiel gegen Borussia Mönchengladbach und zuletzt ein knapper Sieg gegen den 1. FC Köln, wo der Außenseiter lange Zeit mehr als nur mithalten konnte. Wir haben unseren Experten gefragt, woran es noch hakt und welche Schwächen möglicherweise Hertha ausnutzen könnte.

Foto: IMAGO

„Bayerns größtes Problem ist aktuell noch der Rhythmus. Durch die ungünstige Vorbereitung und die sehr lange Vorsaison sind viele Spieler noch nicht bei 100 % – teils sind sie noch sehr weit davon entfernt. Trotzdem sieht das in Phasen schon richtig gut aus. In den Mittelteilen der jeweiligen Pflichtspiele haben die Bayern angedeutet, was sie können. “

Justin sieht Chancen auch im Fitnessvorteil von Hertha. Schließlich spielten auch die Münchener vier Spiele in zwei Wochen: “Gerade am Ende ging ihnen (den Spielern vom FC Bayern München) oft die Luft aus. Hertha braucht vor allem einen guten Start ins Spiel, um am Ende vielleicht einen möglicherweise vorhandenen Fitnessvorteil auszunutzen. Die Bayern bieten in jedem Fall noch einiges an.”

Leichte Ballverluste im zweiten und letzten Drittel seien noch ein Problem, verrät uns Justin: „Da muss Hertha eng an den Gegenspielern sein und anschließend schnell in die Offensive umschalten. Eine weitere Schwachstelle waren zuletzt Flanken. Sowohl in den Testspielen als auch jetzt gegen Köln schien die kompakte Grundformation über außen anfällig zu sein.”

Dardais Hertha beim FC Bayern– Geduld oder Blitzstart nötig

Doch inwieweit Hertha in der Lage sein wird, diese Schwachstellen auszunutzen, ist unklar. Auf den schwachen Saisonstart der Blau-weißen angesprochen sagt Justin: „Hertha ist nicht gut in die Saison gestartet, aber das bedeutet für Samstag nichts. Bayern hatte schon viele unangenehme Duelle mit der damaligen Dardai-Hertha und ich traue ihnen zu, dass sie am Wochenende ein anderes Gesicht zeigen werden.“

Foto: IMAGO

Dabei könne laut Justin die Spielweise von Pal Dardais Hertha einen Vorteil bringen: “Das ballbesitzorientierte Spiel liegt dem Dardai-Fußball eher nicht, dafür ist man eigentlich stark in offensiven Umschaltmomenten. Bayern wird für einen Sieg vor allem Geduld mitbringen müssen, wenn man keinen Blitzstart hinlegt. Eine kompakte und tiefstehende Defensive auseinanderzuspielen, liegt ihnen eigentlich, aber ob sie so früh in der Saison schon die Kraft dafür haben, das über 90 Minuten zu tun, ist fraglich.”

Herthas Schwäche liege seiner Meinung nach vor allem darin, dass sich das Team noch nicht optimal gefunden habe. „Wenn Bayern sie mit vielen Läufen unter Druck setzt, sind sie für Fehler gut.“ So erwartet er „eine Hertha-Mannschaft, die aggressiv, kompakt, aber eben auch sehr tief verteidigen wird. Alles wird davon abhängen, wie Bayern ins Spiel findet und welche Angebote sie machen. Behalten sie ihre bisherige Entwicklung bei, sollte es aber zu einem Heimsieg reichen.”

Belfodil im Kader, Boateng noch nicht fit, Lukebakio in Form

Unser Experte nimmt also doch Schwachstellen beim Rekordmeister wahr. Das wird auch Pal Dardais Trainerteam nicht entgangen sein. Doch Hertha hat wie bereits von Justin angesprochen einige Probleme damit, sich als Mannschaft zu finden. Zwar ist bald die Transferperiode vorbei: Fragezeichen gibt es leider noch einige.

Foto: Sebastian Räppold/Matthias Koch/IMAGO

individuell wird es wohl Änderungen im Hertha-Kader geben. Neuzugang Ishak Belfodil wird im Kader stehen. Dafür kommt es für den am Rücken lädierten Kevin-Prince Boateng wohl noch zu früh. Auch Marton Dardai und Krzysztof Piatek fallen weiter aus. Für den noch in der Reha stehenden Rune Jarstein wurde diese Woche für die Torhüterposition mit Oliver Christensen einen talentierten Keeper geholt, der Alexander Schwolow einen größeren Konkurrenzkampf bieten soll.

Auf einen Spieler, bei dem zuletzt die Formkurve nach oben zeigte, setzen natürlich die Berliner ganz besonders. Dodi Lukebakio trifft bekanntlich besonders gerne gegen den FC Bayern München. Gerade er war gegen Wolfsburg sehr auffällig, wurde fast zum Matchwinner. Da Hertha weiterhin die Optionen auf den offensiven Außenpositionen fehlen, ist davon auszugehen, dass der Belgier von Beginn an auflaufen wird.

Hertha will sich treu bleiben – auch gegen Bayern

Doch auch Lukebakio wird laut Justin nicht das Spiel entscheiden: „Hertha wird ein unangenehmer Gegner sein, letztendlich aber nicht genug entgegensetzen können. Ich tippe ein 3:1, wobei das dritte Bayern-Tor eher später fällt.” Einen kompletten Fehlstart will aber Hertha mit aller Kraft (höhö) verhindern, und auch gegen den so starken FC Bayern irgendwie punkten.

Bei aller Enttäuschung nach dem ersten Heimspiel der neuen Saison konnte die „alte Dame“ dabei auch Optimismus schöpfen. Die Spielweise gegen den VfL Wolfsburg, insbesondere in der zweiten Halbzeit, war im Vergleich zum Spiel in Köln stark verbessert. Pal Dardais Mannschaft konnte phasenweise guten Fußball zeigen und einen eigentlich stärkeren Gegner im eigenen Stadion dominieren.

Herthas Chefcoach sprach in der Pressekonferenz vor der Partie davon, dass sich Hertha „treu bleiben“, und nicht die Spielweise vom 1. FC Köln gegen den Rekordmeister imitieren wolle. Man habe “einen Plan” und wolle wie in den guten Phasen gegen Köln und Wolfsburg sein Spiel durchziehen, die eigenen Stärken nutzen.

Ob das für einen Punkt reicht, bleibt natürlich eher unwahrscheinlich. Doch in dieser Phase der Saison stehen die Chancen gegen die Münchener besser als im späteren Verlauf. Verlieren kann Hertha nicht viel: zu gewinnen sind dafür die ersten Punkte der Saison. Hochmotiviert werden die Hertha-Profis dementsprechend sein, und sicherlich bis zur letzten Minute um diese Punkte kämpfen.

(Titelbild: IMAGO)

Hertha BSC – VfL Wolfsburg: Van Bommel vs. Dardai

Hertha BSC – VfL Wolfsburg: Van Bommel vs. Dardai

Auch wenn man als Hertha-Fan dicke Haut hat, nicht zuletzt aufgrund der zwei letzten Spielzeiten, war die Enttäuschung nach der Niederlage am ersten Spieltag in Köln groß. Jetzt ist im ersten Heimspiel der „alten Dame“ am Samstag ausgerechnet eine starke Mannschaft zu Gast, die aus einer großartigen Saison kommt. Doch wie gut ist denn der VfL Wolfsburg wirklich?

Ein Trainerwechsel, einige Neuzugänge, eine verrückte Episode im Pokal und ein erster Bundesligasieg gegen den Aufsteiger Bochum: Gesprächsstoff gab es rund um die Wolfsburger Mannschaft genug! Gerade deshalb haben wir uns mit Dennis (@WobTikal auf Twitter ) unterhalten. Er konnte unsere Fragen ausführlich und detailreich beantworten und mit ihm blicken wir auf die kommende Partie im Olympiastadion.

Ein Wechsel zu viel – Wolfsburg fliegt trotz Sieg aus dem Pokal

Hertha Base: Wir stellen direkt die unangenehme Frage, aber was ist deine Meinung zum kuriosen Pokalaus der Wolfsburger?

Dennis: „Kurios ist charmant formuliert – es ist halt vor allem sackdumm. Da muss man nicht groß drum herumreden, das muss in einem Verein funktionieren. Ein Ausscheiden wäre verdient.“

„Dass der VfL trotzdem Einspruch gegen das Urteil einlegt, kann ich trotzdem gut verstehen. Der 4. Offizielle wurde diverse Male gefragt, hat jedes Mal bestätigt, dass man noch mal wechseln dürfe, nur um direkt nach dem Wechsel (während des Wechsels war er zu sehr auf die Ecke konzentriert) darauf zu kommen, dass es doch anders ist. Also schreibt er es auf einen Zettel – den er dann verliert.“

„Das alles klingt sehr holperig und gerade die Tatsache, dass man im Urteil die Offiziellen komplett aus der Verantwortung genommen hat, was dem Regelwerk einfach widerspricht, sollte man noch mal besprechen. Weiterkommen sehe ich kritisch, aber ich fände es gut, wenigstens eine gute Begründung zu bekommen … Und wenn man mal ehrlich ist: Ich glaube nicht, dass man so ein Urteil bekommen hätte, wenn der betroffene Bundesligist Bayern München heißen würde.“

Van Bommel – warum der neue Coach eine faire Chance verdient

Foto: IMAGO

HB: Der Wechsel auf die Trainerposition hat ja für sehr viel Gesprächsstoff gesorgt. Jetzt ist Mark van Bommel als Coach bei euch, und einige Fans in Deutschland sehen ihn schon diese Saison wieder fliegen. Was stimmt dich optimistisch, dass es unter van Bommel eine erfolgreiche Zeit wird?

Dennis: „Ich gehe eigentlich immer optimistisch in eine Saison, auch was die Trainer angeht. Wenn man mal guckt – Labbadia, Glasner, die wurden auch zu Beginn nicht geliebt. Einer war sowieso falsch, der andere nur die B- oder C-Lösung. Am Ende war es dann wieder falsch, sich zu trennen. Jetzt dann also van Bommel. Ich kann mich nicht erinnern, wann zuletzt ein Trainer mit so einem negativen Bild in der Bundesliga debütiert ist. Selbst bei Stefan Effenberg hieß es “wart’s mal ab, der fuchst sich da richtig rein”. Und bei van Bommel reden alle vom Untergang, dass Wolfsburg vielleicht sogar in Abstiegsgefahr geraten würde.“

„Ich verstehe das nicht. Ich bin echt gespannt, was er aus dem VfL macht, wie seine Ideen greifen und wie sich das Team verändert. Selbstverständlich kann das schief gehen, keine Frage. Wir haben mit der Champions League jetzt einen Riesen-Belastungsfaktor dazubekommen, das kann sich in der Liga schon mal negativ auswirken. Aber eine Chance sollte man ihm geben. Sein Auftreten bisher finde ich sehr angenehm, selbst diese Blödheit aus dem Pokal wurde gut kommuniziert.“

Nach der Hammer-Saison – Wie sieht es beim VfL in 2021/22 aus?

Foto: IMAGO

HB: Was hat sich unter van Bommel spielerisch verändert? Wie will Wolfsburg diese Saison das Spiel gestalten?

Dennis: „Wolfsburg will vor allem das Spiel gestalten. Die Idee ist es, die Stärken des Teams zu nehmen (hervorragende Abwehrarbeit, stark im Pressing und Umschalten) und dieses um ein durchdachteres, ballorientierteres Offensivspiel zu ergänzen. Es werden wesentlich mehr Pässe gespielt, um Chancen zu generieren, am offensiven Positionsspiel wird gearbeitet. Das ist noch lange nicht abgeschlossen, aber man merkt, dass die Mannschaft daran Spaß hat.“

HB: Ihr habt ja im Sommer ordentlich viel Geld ausgegeben, für Spieler wie Nmecha, Bornauw, Phlipp usw. Ist Wolfsburg bereit für die Doppelbelastung mit der CL?

Dennis: „Noch nicht. Die geholten Spieler sind bisher dafür geholt wurden, um die Spitze etwas breiter zu machen, etwas flexibler zu sein. Phillip war ja ohnehin schon da und hat am Ende der letzten Saison gezeigt, dass er angekommen ist, Bornauw, Nmecha und auch Vranx sind alternativen zu Spielern, die letzte Saison praktisch durchgespielt haben.“

„Trotzdem fehlt es vor allem auf den offensiven Flügelpositionen noch an Möglichkeiten und vor allem Geschwindigkeit, gerade wenn man neben Joao Victor jetzt auch noch Brekalo abgeben sollte, wonach es aktuell aussieht. Hier kann ich noch nicht einschätzen, inwiefern die beiden Nmechas oder auch Marmoush da helfen können, ich denke aber schon, dass da noch wer kommen sollte. Davon ab denke ich, dass der Kader gerüstet ist.“

Wolfsburgs stabile zentrale Achse und Torgarant Wout Weghorst

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HB: Casteels im Tor, Lacroix, Brooks und Bornauw in der IV und Gerhardt, Arnold, Schlager, Guilavogui im ZM: eure zentrale Achse kann sich echt sehen lassen! Wird der VfL dadurch wieder so stabil wie letzte Saison?

Dennis: „Schön wär’s, nix hätte ich lieber. Aber: Ganz so einfach wird es nicht. Letzte Saison hat die Mannschaft praktisch jedes Spiel komplett gleich gespielt. Spiel für Spiel. So sehr, dass es unter den Reservespielern für Unmut gesorgt hat, den die Mannschaft aber intern geklärt hat, was ich echt beeindruckend finde. Das wird dieses Jahr nicht funktionieren, allein die intensiven Champions League Spiele werden das verhindern.“

„Und so müssen auch mal andere Spieler spielen und selbstverständlich sorgt das für den Verlust an Stabilität und Souveränität. Damit muss man umgehen lernen, da werden sicher auch ein paar Punkte auf der Strecke bleiben, das ist aber für einen Club dieser Größe normal und kein Stück dramatisch. Das Gerüst steht und ist einfach sehr, sehr gut, kennt sich seit Jahren und wird immer weiter gut ergänzt.“

HB: Weghorst ist vorne natürlich eure beste Waffe. Traust du ihm diese Saison wieder 20 Tore zu?

Dennis: „Na sicher. Wout ist eine Waffe, nicht nur durch seine Tore sondern auch durch seine unglaubliche Nervigkeit. Dieses ständige Anlaufen und Pressen nimmt jedem Gegner den Spaß. Und wenn er seine Chancenverwertung aus dem ersten Spiel gegen Bochum ein bisschen optimiert, dann wird es wieder eine ganze Menge Tore geben (…).”

Welche Schwächen hat Wolfsburg? Kann Hertha punkten?

HB: Hat eure Mannschaft denn überhaupt Schwächen? Was könnte Hertha tun, um Wolfsburg doch noch vor Schwierigkeiten zu stellen?

Dennis: „Nein. Eine Mannschaft ohne Schwächen 😀 Na sicher hat sie das. Die erste Elf ist sehr, sehr homogen, zweikampfstark und körperlich kann sie voll dagegenhalten. Was ihr ein wenig abgeht, ist das Tempo, dazu sind unsere Außenverteidigerpositionen durch die Verletzungen von William und Paolo “die Schere” Ottavio dünn besetzt. Gerade hinten links ist der wieder aufblühende Roussillion konkurrenzlos.“

„Die Hertha kann und wird vor allem versuchen, über Ballgewinne schnell hinter die Abwehr zu kommen, die traditionell sehr hoch steht. Lacroix und Brooks sind sehr schnelle Innenverteidiger, trotzdem ist es natürlich möglich, sie zu überlaufen. Das ist ne gute Chance. Sonst sind Standards immer ne gute Sache, die man gut nutzen kann.“

HB: Zum Abschluss: was ist dein Tipp für Samstag?

Dennis: Ich glaube, dass es kein besonders hübsches Spiel wird, dass der VfL 1:0 gewinnen wird.

Vielen Dank an Dennis für das Interview!

Der Blick auf Hertha BSC

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Eine schwierige Aufgabe also, die auf Pal Dardais Mannschaft im Olympiastadion wartet. Umso ärgerlicher, dass noch viel Ungewissheit im Kader herrscht. Ob Matheus Cunha noch im Hertha-Dress auflaufen wird, ist unklar. Zudem warten Hertha-Fans sehnsüchtig auf weitere Spielerzugänge für die Außenpositionen. Immerhin wird „Dachschaden“-Davie Selke wieder zur Verfügung stehen, sowie Kapitän Dedryck Boyata. Auch Neuzugang Marco Richter, der in Köln eingewechselt wurde, könnte eine größere Rolle spielen.

Trotzdem scheinen die Blau-Weißen aktuell noch weit entfernt von der Stabilität zu sein, die gerade die Wolfsburger ausstrahlen. Hertha muss gegen die Wolfsburger mit allen Mitteln versuchen, irgendwie zu punkten, um einen Fehlstart zu vermeiden. Null Punkte aus drei Spielen würden nämlich drohen: der nächste Gegner heißt … FC Bayern München.

Mit einer großartigen Kulisse im Olympiastadion wird wohl nach den letzten Schätzungen und mit dem Fehlen der Ultras nicht zu rechnen sein. Man kann jedoch hoffen, dass sich die Mannschaft von Pal Dardai anders präsentiert und sich insbesondere kämpferischer zeigt als noch vergangenes Wochenende in der Domstadt. Inspirieren lassen können sich die Spieler am Samstag sicherlich von ihren Trainern: sowohl Van Bommel als auch Dardai mussten sich diesbezüglich in ihrer Spielerkarriere nicht verstecken. Ob das Trainerduell zwischen den Beiden auf der Seitenlinie genauso kämpferisch ablaufen wird, wie damals auf dem Platz, werden wir beobachten können.

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